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200 Jahre modern

FESTSPIELE / BERLINER PHILHARMONIKER / PETRENKO I

26/08/24 Kirill Petrenko hat quasi vom ersten Takt an das monumental aufgetürmte Finale im Blick – dazu das Land, das Meer und die Sterne. Wenig vom lieben Gott. Pointiert, zugespitzt, analysierend macht Petrenko Bruckner zum Vertreter nicht nur der Aufklärung, sondern geradezu der Moderne. Die Berliner Philharmoniker unter Kirill Petrenko triumphieren mit Bruckners Fünfter.

Von Heidemarie Klabacher

 Seit jeher, aber ganz besonders seit Beginn der Ära Petrenko, gehören die Konzerte der Berliner Philharmoniker zu den Höhepunkten im Gastspielreigen der Salzburger Festspiele. Das erste der beiden Konzerte der „Berliner“ galt, wenig verwunderlich wenige Tage vor dessen 200. Geburtstag am 4. September, dem gebürtigen Oberösterreicher Anton Bruckner.

Was hat sich dieser weiland nicht alles anhören müssen. Mäkeleien auf höchster Ebene: „Alles hat seine Grenzen, Bruckner liegt jenseits“, befand Johannes Brahms über Bruckners Vierte. Von Spott und Hohn und puren Existenzkampf ganz zu schweigen. In seinen Symphonien würden „die Scherzi den überzeugendsten Eindruck“ machen, während „die Adagios oft mehr wie großartige Improvisationen klingen, denn wie gearbeitete Tonstücke“, so der Bruckner wohlwollende Wiener Kritiker Theodor Helm.

Dieser hatte, grundsätzlich, nicht so unrecht. Die eingangs wie Blöcke unverbunden hintereinander gestellten Themen. Die radikalen Stimmungswechsel, die nicht durch besänftigende „Durchführungen“ erklärt oder durch ständige Wiederkehr in Rondoform verdaubar gemacht werden. Diese aus dem Nichts auftauchenden Motive, an denen der Komponist seine Hörer, vielleicht auch Orchester und Dirigenten, auflaufen lässt, wie auf Klippe oder Eisberg vor unbekannter Küste.

Es braucht schon einen guten Kapitän, um ein Riesen-Schiff wie die Fünfte Bruckner auf plausiblem Kurs zu halten. Kirill Petrenko erschließt die motivischen Feinheiten über und unter Wasser. Taucht U-Boot-mäßig auf, was sich in virtuos aufblitzendem Instrumentalsolo und feierlichem Bläserchoral niederschlägt. Als Strömungen ziehen sich die Motive durch das gesamte Werk, verknüpfen die vier Sätze zu einem einzigen geschlossenen Öko-Systen: Anton Bruckners Symphonie Nr. 5 B-Dur WAB 105 ist auch anno 2024 radikal.

Frenetisch die Zustimmung des Festspielpublikums nach dieser erhellenden wie überwältigenden Bruckner-Exegese, kaum enden wollend Beifall und Jubel

Bilder: dpk-klaba

 

 

 

 

 

 

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