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Der Zauber des Leisen

FESTSPIELE / ANNE-SOPHIE MUTTER, LAMBERT ORKIS

26/08/24 Anne-Sophie Mutter und Lambert Orkis konzertieren im Großen Festspielhaus. Ein abwechslungsreiches Konzert mit Stücken von Mozart bis John Williams. Ein Nachmittag zum feinen Hören vor allem leiser Töne, gottlob ohne Hustenattacken im Publikum. Man würde das Programm gerne noch einmal erleben – in einem kleineren Raum.

Von Gottfried Franz Kasparek

Die seit bald einem halben Jahrhundert aktive deutsche Geigerin und den 78jährigen US-amerikanischen Pianisten verbindet seit 1988 eine künstlerische Gemeinschaft. Da funktioniert die Partnerschaft wie in Trance und sorgt für beglückende Momente. So erklingt zu Beginn Wolfgang Amadé Mozarts Sonate für Klavier und Violine G-Dur KV 301 sehr fein und weich gezeichnet. Lambert Orkis, von dem viele wesentliche Impulse ausgehen, spielt auch auf Originalinstrumenten, aber er schafft es, einem pfundigen Steinway perlende Fortepiano-Klänge zu entlocken. Und gemeinsam schaffen es die Geigerin und er, im Riesenraum zwar oft an die Grenzen, aber nicht über die Hörbarkeit hinaus zu gehen. Dennoch würde man diese vor allem im zweiten Satz im Mittelteil in frühromantische Gefilde weisende Musik in dieser zarten Interpretation gerne etwa im Großen Saal des Mozarteums hören. Aber dort finden halt nicht so viele Menschen Platz wie im ausverkauften Festspielhaus.

Darauf folgt Franz Schuberts die lebensfrohe Virtuosität und die Tiefen der Melancholie in genialer Balance verbindende Fantasie für Violine und Klavier in C-Dur – wie traurig kann C-Dur sein! Anne-Sophie Mutters sagenhaft süßer Geigenton kommt wie aus dem Geheimnis des Nichts, getragen vom mitatmenden Klavier, ehe brillante Passagen mit seelischen Abgründen wechseln. Man kann das kontrastreicher und kantiger spielen, aber kaum schöner. Schubert hatte in seinem letzten Lebensjahr den nächtlichen Zauber und die emotionale Größe der Romantik erreicht. Dass in manch gebrochenen Akkorden auch schon die Moderne wetterleuchtet, lässt insbesondere der in diesem Stück völlig gleichberechtigte Lambert Orkis mitunter deutlich spüren. Und ja, man kann Schubert sehr wohl auch auf einem modernen Klavier werkdienlich und erlebnisreich spielen!

Nach der Pause kommt man ins Sinnieren, warum im ganzen Festspielprogramm nur zwei Komponistinnen mit kurzen Werken vorkommen. Die eine war Sofia Gubaidulina (Et exspecto am 20. Juli), die andere nun Clara Schumann mit den gefühlvollen Drei Romanzen von 1853, ihrem praktisch letzten bedeutenden Werk. Exquisit tönende Aquarelle sind dies, auch so interpretiert, in leiser Konzentration, aber mit merkbarer Spannung, was sich dem erfreulich stillen Publikum mitteilte.

Wer kennt Kammermusik von Ottorino Respighi, dem Erfinder des expressiv aufgeladenen italienischen Impressionismus und Meister diverser Huldigungen an große Renaissance- und Barockmusik? Es gäbe zum Beispiel ein gehaltvolles Klavierquintett und ein formidables Streichquartett zu entdecken. Diesmal erklang endlich einmal in Salzburg seine prächtige Violinsonate aus dem Jahr 1917. Das mag mitunter schon die Polystilistik späterer Zeiten vorausahnender Eklektizismus sein, ausgewogen pendelnd zwischen Spätromantik und Klassizismus, verblüffend mit oft komplexer Rhythmik, dabei durchaus eingängig melodisch geprägt – und, dennoch originell und, wie es zurecht im Programmheft heißt, „wie aus einem Guss“. Das Duo Mutter & Orkis spielt das lohnende Stück mit merkbarer Hingabe und darf hier auch manchmal dramatisch auftrumpfen. – Übrigens wäre es auch hoch an der Zeit, sich dem mehr als nur interessanten Opernschaffen Respighis zuzuwenden. La Fiamma etwa empfiehlt sich zumindest für eine konzertante Aufführung.

Der in stehenden Ovationen gipfelnde Applaus wird mit zwei Zugaben bedacht, zunächst mit einem Arrangement des Ungarischen Tanzes Nr. 3 von Johannes Brahms und dann mit einer 2018 der Geigerin gewidmeten jazzig-verträumten Nummer von John Williams. Der populäre Star Wars -Komponist schreibt ja auch schon sein ganzes langes Musikerleben lang sogenannte „ernste Musik“ im effektvollen, sehr gekonnt beherrschten Stil der sanft modern angehauchten US-Romantik auf den Spuren von Copland und Barber. Dies ist ehrlich empfundene Musik, die man mit Genuss hört. Angenehm erwärmt tritt man danach in einen echten, selten gewordenen Salzburger Schnürlregen.

Bilder: SF / Marco Borrelli

 

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