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„Frey und eigen“, Romantisch und keck

FESTSPIELE / SOLISTENKONZERT VOLODOS 

13/08/24 Arcadi Volodos, der russische Klaviervirtuose mit dem Ruf eines brillanten „Tastentigers“, hat sich in den letzten Jahren intensiv mit Franz Schubert und der deutschen Romantik beschäftigt. Bei seinem Festspiel-Recital im Großen Saal des Mozarteums dominierten Schubert und Schumann das Programm – mit großem Erfolg.

Von Gottfried Franz Kasparek

Natürlich bereitet diese Musik Volodos keinerlei technische Schwierigkeiten. Er setzt sich an den Steinway und spielt im derzeit modischen Halbdunkel die Stücke auswendig und mit vollkommener Souveränität. Wesentlich ist jedoch, dass es ihm faszinierend stimmig gelingt, in die Ausdruckstiefen der Werke vorzudringen. In Franz Schuberts a-Moll-Sonate D 845, der ersten der drei „großen“ Sonaten aus dem Jahr 1825, begeistern also nicht bloß schöner Klang und perlende Läufe, sondern auch akzentreich gesetzte Kontrastwirkungen und dramatische Zuspitzungen schon im eröffnenden Moderato sowie sensible Detailarbeit im komplexen Variationensatz. Hinter energischen Oberflächen lauert schon da latent die Schwermut und jene nahezu mystische Musik der suchenden Meditation, die inmitten des markanten Scherzos im träumerisch versponnenen Trio tief berührt. Dies ist wahrlich, im Vergleich zum Vorbild Beethoven, „frey und eigen“ und „mitunter auch so sonderbar bewegt“, wie ein Rezensent schon anno 1826 festgestellt hat. Selbiger meinte eher eine „Phantasie“ als eine Sonate zu vernehmen und registrierte noch dazu eine gewisse Keckheit, die Arcadi Volodos samt unterschwelliger Rastlosigkeit dem abschließenden Rondo angedeihen lässt.

Nach der Pause ging es am Montag (12.8.) weiter mit Robert Schumanns „Davidsbündlertänzen“ op. 4, einer der wervollen Gaben an die Braut Clara Wieck aus dem Jahr der heimlichen Verlobung 1837. Diese eigentlich pausenlose Aneinanderreihung vielfältiger kleiner Charakterstudien ergibt tatsächlich eine ausgedehnte Phantasie über die Stimmungen des Lebens, vor allem, wenn sie so nuanciert und dennoch in einem großen, emotionalen Bogen erklingen wie in der Interpretation von Arcadi Volodos. Er eilt nur dann, wenn es vorgeschrieben ist, lässt das seltsame dritte Stück „Etwas hahnbüchen“ in einer Art zeitloser Wurschtigkeit wirken, nach lebhaftem Beginn und betont innigem Verweilen. Der Pianist nimmt Schumanns poetische Vortragsbezeichnungen wie „Sehr rasch und in sich hinein“ immer ernst, trifft das „Balladenmäßige“ am Beginn des zweiten Teil ebenso gut, wie er „wild und lustig“ Späße treiben kann und „wie aus der Ferne“ in bester Hoffnung auf Erfüllung endet.

Mit Franz Liszts Ungarischer Rhapsodie Nr. 13 a-Moll schreiten wir dann ein weiteres Jahrzehnt vorwärts in der Musikgeschichte. Den schon von Liszt mächtig und mit allen erdenklichen Tasten-Zaubereien aufgeladenen Csárdás-Taumel der ungarischen Roma hat Arcadi Volodos in seinem – übrigens einer Tradition seit György Cziffra folgenden - Arrangement noch mit weiteren Effekten und Figurationen versehen. Es sei ihm vergönnt, seine schier unbegreiflichen Klavierkünste vorzuführen – und das Stück wirkt nach den nachdenklichen Auslotungen menschlicher Gefühle bei Schubert und Schumann wie ein toller Rausch jäh ausbrechender Lebenslust gar nicht so unpassend.

Für den nicht enden wollenden Jubel des Publikums bedankt sich Arcadi Volodos mit vier Zugaben, die nochmals die ganze Bandbreite seines Könnens zeigen. Erstaunlich, dass dabei im Publikum das aus alter Ostblockzeit bekannte rhythmische Klatschen sich immer mehr durchsetzt. Nach einem pastosen Stück Verinnerlichung, Sergej Rachmaninows Lied op. 21/1, „Hier ist es schön“, kommt noch einmal Schubert mit der Nr. 3 aus den Moments musicaux D 780 zum nachdrücklichen Wort, ehe die Phantasie „Malaguena“ des „kubanischen Gershwin“ Ernesto Lecuona in die Hitze südlicher Leidenschaften führt, voll unwiderstehlicher rhythmischer Kraft und größter Virtuosität. Das Ende des Zugabenreigens bildet dann eine von J. S. Bach transkribierte „Sicilienne“ Antonio Vivaldis; fein austarierte Silberklänge zum Abschied, während draußen der Donner grollt.

Bilder: SFS / Marco Borrelli

 

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