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Leise Töne, große Emotionen

FESTSPIELE / KLEINE NACHTMUSIKEN

09/08/24  Lieder und Texte zum guten wie zum grauenhaften Tod, aber auch zu Hoffung und Trost bringt die erste der Kleinen Nachtmusiken. Die Reihe lädt mit leisen Tönen zum genauen Hören für jeweils nur achtzig Personen auf die Edmundsburg.

Von Heidemarie Klabacher

Der Bariton Georg Nigl hatte die Idee zu einem „Liederabend mit Clavichord“. Das ist das leiseste aller Tasteninstrumente, das handliche Übe-, Komponier- oder Reise-Instrument der meisten Virtuosen und Komponisten vom Frühbarock bis zur Wiener Klassik. Irgendwann wurden die Säle zu groß, die Welt zu laut. Die Clavichorde verschwanden, bestenfalls ins Museum. Mozarts Clavichord ist in Salzburg noch erhalten, als Schatz in der Sammlung originaler Mozartinstrumente der Stiftung Mozarteum. Als special guest kommt es bei dreien der Kleinen Nachtmusiken zum Einsatz (um 22 Uhr und um 24 Uhr heute Freitag 9. sowie um 22 Uhr am 16. August). Spielen darf es Alexander Gergelyfi, ein Experte für alte Tasteninstrumente, ein Virtuose der präzisen leisen Töne.

Bekannte Nummern sollen das ungewohnte Hören so leiser Töne erleichtern. Premiere dieser „Übung für das Ohr“ war bereits voriges Jahr. Der Zuspruch sei überwältigend gewesen, heuer gibt es bereits eine Serie mit drei verschiedenen Programmen mit je eigenen Tasteninstrumenten. Neu sind Abendempfindung – Mozarts Clavichord und Weit von der schönen Erde – Ein Schubertabend. Eröffnet wurde die kleine Reihe auf der Edmundsburg am Donnerstag (8.8.) mit dem unveränderten Programm des Vorjahres Komm, süßer Tod – J. S. Bach.

Georg Nigl und Alexander Gergelyfi haben in Sing- und Spielweise zu betörender Übereinstimmung gefunden. Es braucht nicht viel Stimme, um das Clavichord zu übertönen (die umgekehrte Gefahr besteht kaum). Umso erhellender war es, Lieder aus dem Notenbüchlein der Anna Magdalena Bach oder dem Schemelli-Gesangbuch einmal so zu hören, wie der Komponist sich diese vielleicht vorgestellt hat: Georg Nigl hat die Nummern mit scheinbar mehr Sprech- denn Singkunst vorgetragen. Dass jedes Wort zu verstehen war, sollte bei kaum zwei Metern Abstand zum Künstler nicht verwundern. Betörend jedoch war die plastische inhaltliche Ausdeutung der vielen Strophen und Stimmungswechsel etwa in So gehst Du nun, mein Jesu, hin BWV 500. Betörender noch das Pianissimo in allen Lagen, mit dem der Bariton im ohnehin schon Leisen zu immer noch genauerem Hinhören herausforderte.

Alexander Gergelyfi begleitete mit ganz dem Text dienender Phrasierung den Sänger und ließ über die virtuosen Möglichkeiten des Clavichords staunen. Die Aria aus den Goldberg-Variationen, die Präludien f-Moll BWV 881 oder C-Dur 846 (die „Begleitung“ zu Gounods Ave Maria) oder die Sarabande aus Händels Suite d-Moll HWF 437 spielte Alexander Gergelyfi auf einem Clavichord/Tafelklavier nach Adolph Hass aus 1763. Nur eine Nummer erklang auf „dem ältesten in Österreich erhaltenen Clavichord“, so der Künstler auf Nachfrage des DrehPunktKultur nach dem Konzert. Wer es gebaut hat, sei nicht bekannt, das Instrument stehe „bei ihm im Wohnzimmer“, so Gergelyfi. Dieses „kleine“ (die Bauweisen unterscheiden sich) Clavichord kam also nur einmal zum Einsatz – für Georg Friedrich Händels Capriccio C-Dur, ein Virtuosenstück, das nur ein Virtuose auf dem delikaten Clavichord zu so opulenter Wirkung bringen kann.

Bist du bei mir, geh ich mit Freuden zum Sterben und zu meiner Ruh... Die trostreichen Lieder standen im erschütternden Gegensatz zu den großteils von Krieg und Kriegsgräueln berichtenden Texten. Diese, im Vorjahr also ausgewählt, sind aktueller denn je: August Diehl las unprätentiös etwa Matthias Claudius' Kriegslied's ist Krieg und ich begehre nicht schuld daran zu sein. Las die nüchternen technischen Ausführungen des Heckenschützen aus Mathhias Énards Roman Der perfekte Schuss. Las Selma Meerbaum-Eisingers Poem aus 1941 – die Straße ist so breit und hell, als warte sie auf mich.

Die - ausverkaufte - Reihe Kleine Nachtmusiken auf der Edmundburg – www.salzburgerfestspiele.at
Bilder: SFS / Marco Borrelli (2); dpk-klaba (1)

 

 

 

 

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