Ich leide mit Freuden, was soll ich klagen.
CANTO LIRICO / DESANDRE / ENSEMBLE JUPITER
30/07/24 Mit einer charmanten – tränenreich-schwungvollen – Blütenlese bekannter Lieder, Arien und Tanzsätze von John Dowland und Henry Purcell begeisterten Lea Desandre, der Lautenist Thomas Dunford und sein Ensemble Jupiter.
Von Heidemarie Klabacher
So einfach, so schlicht und so meisterhaft! Die Mezzosopranisten Lea Desandre gestaltete die Lieder von John Dowland tatsächlich als „Lieder“. Vollkommen unspektakulär. Vollkommen in jedem Ton und jeder Melodie, jedem Wort und jedem Satz. Nur eine wahre Könnerin und Liedgestalterin von Rang kann sich diese Schlichtheit zutrauen. Come again. Go crystal Tears. Now, O now, I needs and must part. Can she excuse my wrongs... Was wünscht das Herz sich mehr. Freilich machte man sich sofort Sorgen um die Zugaben, die üblichen Nummern standen ja alle schon auf dem Programm.
Gefreut hatte man sich auch auf „Lautenlieder“. Tatsächlich aber wurde Lea Desandre in den meisten Nummern vom – natürlich ganz ganz großartigen – Ensemble Jupiter begleitet. So war die Singstimme eingebettet in opulente schnörkelreiche, ihr Plansoll weit über-erfüllende Begleitsätze für zwei Geigen, Viola, Viola da Gamba, Kontrabass, Cemalo/Orgel. Und natürlich Laute – zum Niederknien virtuos geschlagen von Thomas Dunford.
Ob die Sätze von ihm stammen? Die spektakuläre Behandlung der Laute in so gut wie allen Nummern scheint dafür zu sprechen. Ist es freilich stilistisch auf dem Punkt, wenn die Laute bei Dowland ständig an Francisco Tárrega erinnert? Recuerdos de la alhambra in Avalon? Immerhin wurde der Wunsch nach Lauten- und nur Lauten-Begleitung zweimal erfüllt: Was denn auch Sorrow, stay und Flow my tears zu den Höhepunkten für den Puristen machte. Da war das Haus für Mozart am Montag (29.7.) erfüllt vom reinsten Pianissimo. Könnte man Thomas Dunford bitte mal solo einladen?
Keine stilistischen Vorbehalten natürlich mehr, wenn es um Purcell geht. Da handelt es sich ja auch schon um Arien, Semi-Oper und Oper. Schwungvoll und stimmig, das Temperament in jazzige Grounds gebündelt, zündeten die Virtuosinnen und Virtuosen des Ensemble Jupiter Stücke aus dem Orpheus Britannicus, The Fairy Queen und einen ganzen Block aus Dido and Aenaeas. Die Liedsängerin Desandre begeisterte nun als stilkundige, stimmlich und technisch perfekte Operngestalterin: Alte Musik in ihrer aktuellsten Form.
Weil ja tatsächlich alle Zugaben schon gesungen waren, folgte auf stürmischen Applaus mit We are the Ocean, aus der Feder des Lautenisten Dunford, eine schwungvolle, jazzig angehauchte Nummer ganz ohne Tränen und Melancholie. Da haben auch die Musikerinnen und Musiker mitgesungen. Das Publikum war nahe dran.