Eine Schüssel Buntes
FESTSPIELE / KOPATCHINSKAJA / GAMBETTA
30/07/23 Patricia Kopatchinskaja und Sol Gabetta begeisterten als ausgefuchst aufeinander eingespieltes Duo. Die Virtuosinnen können sich aufeinander verlassen. Und das Programm, das schon beim Menuhin Festival in Gstaad für Furore sorgte, war auch in Salzburg erfolgreich.
Von Horst Reischenböck
Die Original-Literatur für Violine/Violoncello ist eigentlich recht überschaubar. Es war pure Freude am Miteinander-Musizieren, die sich spontan vom Podium des Großen Saals ins Auditorium ausbreitete, nachdem die Damen, von beiden Seiten her wie Wirbelwinde tänzelnd aufgetreten, das Tambourin-Presto aus Jean-Marie Leclairs Sonate C-Dur-Sonate op. 5/1 in den aufbrausenden Auftrittsapplaus sandten.
Eine erste Bearbeitung, über deren Entstehen, wie auch in anderen ähnlich gelagerten Fällen, das deutsch abgedruckte Interview im Programmheft leider im Unklaren ließ. Wer nicht über Englischkenntnisse verfügte, konnte sich auch nicht über die einzelnen Werke informieren – eigentlich eine Schande!
Mit zwei genauso zündenden Tänzen, aus einer Serie, die Jörg Widmann dem Duo komponierte, ging’s weiter. Mit Rizoma von Francisco Coll umrahmten sie Johann Sebastian Bachs PräludiumG-Dur Nr. 15 BWV 860. Aneinandergereihte Preziosen, funkelnde Kristalle, nach denen die Hörer nicht mehr bewusst wahrnahmen, dass sich Kopatschinskaja und Gabetta schon längst intensiv der ausdrucksstarken Sonate a-Moll M 73 von Maurice Ravel hingaben. Ein erster absoluter Höhepunkt des Abends zum Schluss nach 35 Minuten Programm-Dauer.
Nach der Pause sah sich „Teufelsgeigerin“ Patricia dann doch veranlasst, zwecks besserer Kenntnis des Geplanten, die Abfolge verbal zu erläutern. Dass und wie Bachs Zweistimmigkeit an Hand einiger Inventionen BWV 772 – 776 auch von Streichern ausgeführt werden können und damit sogar das Verfolgen der Struktur hörbar leichter gemacht wird, bewies der Einstieg in den zweiten Teil. Als Ghiribizzi, ein Titel, den sie sich von Niccolo Paganini ausborgte, schleuste „PatKop“ einige ihrer für Vilde Frang und Nicolas Altstaedt geschaffenen Eigenkompositionen ein. Sie korrespondierten perfekt mit der nachfolgenden Hommage György Ligetis an Hilding Rosenberg und dem gut siebzig Jahre alten Dhiphli Zyla von Iannis Xenakis.
Gelegenheit für die beiden perfekt aufeinander eingespielte Interpretinnen, ihr virtuoses Können auch akustisch differenziert vor Ohren zu führen – mit dem berührend zauberhaften Pizzikato des c-Moll-Presto von Carl Philipp Emanuel. Gewichtiger offizieller Schlusspunkt dann Zoltán Kodálys Duett d-Moll op. 7, dem eine Saite von Sol Gabettas tonschönem Violoncello Tribut zollen musste. Die begeisterte Zustimmung bedankte das Duo mit zwei herrlich zündenden, amüsant schrägen Tänzen aus La Fête ou village op. 9 von Julien-François Zbinden, einst der Methusalem unter den Schweizer Komponisten.