Taucheranzug für den Tod
FESTSPIELE / JEDERMANN-KOSTÜME
18/07/23 Buhlschaft und Tod als Doppelrolle von einer Frau gespielt, das ergibt in den Augen politisch „woker“ Leute hoffentlich kein frauenfeindliches Gesamtbild. Valerie Pachner jedenfalls spielt beides. Auf eine große Abendrobe habe man bewusst verzichtet, sagt Kostümbildnerin Renate Martin. Erhalten geblieben seien der Schleier als „spielerisches Element“ und der Blütenkranz, den die Buhlschaft dem Jedermann gibt: „Den hat es immer gegeben.“
Wie immer wenn es eine neue Buhlschaft gibt, muss ein rotes Kostüm her. Ein blitzblaues und ein rosarotes Kleid sind die Ausnahmen der Jedermann-Geschichte. Daher machte sich die Kostumabteilung alle Jahre wieder auf die Jagd nach rotem Stoff: „Nach dem richtigen Rot haben wir lange gesucht, wir sind dann auf ein schönes Orange-Rot gestoßen“, sagt der Kostümdirektor Jan Meier. Es sei ein vitales, erfrischendes, eigentlich ein Korallenrot. Valerie Pachner bekam ein Mieder und eine nach 1970er-Jahren anmutende Schlaghose.
Auch für das Kostüm für den Tod, den ebenfalls Valerie Pachne spielt, habe man lange nach dem richtigen Material gesucht. Geworden ist es ein Bodysuit aus elastischem Material mit Pailettenstickerei von einer Spezialfirma. Dieser Bodysuit sei in seiner Schlichtheit sehr effektvoll, dabei leicht und angenehm zum Tragen: „Angezogen wird er über Reißverschlüsse an Kopf und Rücken, ähnlich einem Taucheranzug mit Kapuze. Die Stiefel sind mit demselben Material bezogen, Hauptmerkmale sind Lurexgarn und Swarovski-Steine.“
Durch den Kopfputz, der dem mexikanischen „Día de Muertos“ entlehnt ist, werde der Tod als etwas mystisch Schillerndes statt als Schreckgespenst dargestellt, sagt Kostümbildnerin Renate Martin zu ihrer Arbeit. Der vergleichsweise schlichte Kopfputz der Buhlschaft zeige den Kontrast zwischen beiden Welten. Verbunden seien diese sehr unterschiedlichen „Sphären des Lebens“ durch das von Buhlschaft und Tod getragene Cape
Auch die Herren kommen nicht im Adamskostum. „Die Übersetzung von Historie ins Heute und in den Schnitt“ zeige sich anhand des Herrenpaares Jedermann und Guter Gesell, erklärt Jan Meier. „Die hohe Kunst des Schneiderhandwerks ist in den Renaissance-Elementen der Ärmel und im richtigen Aufbringen der Falten zu bewundern.“ Das Kostüm schaut anders aus, als bei Moretti oder Eidinger: „Es ist für Michael Maertens gemacht, es unterstützt den Jedermann in der Art wie er ihn zeigen und spielen möchte. Es ist ein elegantes, aber doch legeres Outfilt“, sagt Renate Martin. Es sei nachträglich bestickter Samt aus Italien in besonderen Farben, eine Anfertigung, die man selten finde.
Bei Hofmannsthal ist es Gott, auf dem Domplatz heute ist es eine Göttin: „Konzeptionell an die Göttin Gaia als Personifizierung der Erde ist Sarah Viktoria Fricks Kostüm als Göttin angehelehnt“, so Bettina Hering. „Es besteht aus vielen kleinen Teilen und ist in seiner Patchwork-Arbeit als Spiegel der Welt zu verstehen“, sagt Renate Martin. „Auf der Bühne wirkt es fast wie eine Blumenwiese.“ Vereint seien Sujets von Krieg, Natur, Geburt, der ganzen Welt, „auf ihren Schultern lastet alles, was uns umgibt, worauf wir Menschen aufpassen müssen“. Eine aufwändige Sache:
„Auf der Bühne ausgebreitet hat das Kostüm einen Durchmesser von sechzig bis siebzig Quadratmetern“, berichtet Jan Meier. Bis zu zehn Schneiderinnen und Schneider haben zwei Wochen für die Anfertigung gebraucht. Die Haare für die von Hand geknüpfte Perücke kämen „größtenteils aus Tempeln in Indien, wo sie als Opfergabe hinterlassen wurden“. Was Handwerk kann und an wie vielen Teilen gearbeite werde, zeige sich auch am Kostüm von Mirco Kreibich als Mammon, so Jan Meier. „Das Mammon-Kostüm ist früher immer als etwas Schweres dargestellt worden, nun sei es im Vergleich dazu bedeutend leichter.“ Der Mammon 2023 trägt ein aufwendig bedrucktes Tutu aus Geldscheinen mit Jedermann-Währung „1000 JM“. Bei den von Mirco Kreibich vollführten Tanzbewegungen werde die Vergoldung sichtbar. Das nennt man Understatement. (SF / dpk-klaba)
Bilder: SF / Leo Neumayr
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