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Die Rhythmen Perus im Blut

FESTSPIELE / JUAN DIEGO FLOREZ

29/08/22 Wenn das Jugendorchester Sinfonía por el Perú spielt, dann lässt Juan Diego Flórez im Zugabenteil sogar seine Gitarre weg. Das Publikum musste trotzdem nicht darben, war eingeladen mitzusingen und mitzuklatschen. Wie man's halt gerne hat beim alljährlichen Flórez-Termin, der schon zur Festspiel-Folklore rechnet.

Von Reinhard Kriechbaum

Endlich also hat es geklappt: Zum letzten Konzert der Canto lirico-Reihe kam Juan Diego Florez mit der 2011 von ihm gegründeten Sinfonía por el Perú. In den ersten beiden Corona-Jahren hat die Anreise von Florez' Orchester-Liebkindern ja nicht sein wollen. Es ist ein integratives Sozialprojekt nach Vorbild von El Sistema in Venezuela. Siebzehn Musikschulen (Núcleos) gibt es derzeit im Land, an jeder Orchester und Chöre. Das Elite-Ensemble dieses Projekts war zwar schon in Salzburg, arbeitete hier mit Wiener Philharmonikern – aber 2019 gab's dann doch keinen Auftritt hier, sondern nur beim Lucerne Festival, wohin Flórez und das Orchester auch heuer weiterziehen.

Schön, mal Musik aus spanischen Zarzuelas nicht nur mit Klavierbegleitung, sondern im orchestralen Gewand zu hören, etwa jenes Liebes-Lechzen, das ein gewisser Leandro in La taberna del puerto von Pablo Sorozábal auf eine Frau anstimmt, die er hat weinen sehen – sie könne seiner Meinung nach also kein schlechter Mensch sein. Eine solche Schnulze hätte Franz Lehár nicht gediegener hingekriegt, eben so gar nicht kitschverdächtig, sondern mit feinem Orchestersatz opern-nahe abgesichert. Manche musikalische Ausdrucks-Winkelzüge auch in José Serranos El trust de los tenorios, wo ein gewisser Baturro – ein offenbar recht eingebildeter Schnösel – seiner Angebeteten versichert: So wie er Geld, Reichtum und seine Mutter liebe, so eben diese „dunkle Schöne“. Sie wird sich recht bedankt haben, aber wir kennen den Fortgang der Story nicht.

Wenn Juan Diego Flórez solche Stücke singt, hat das nicht nur Charme. Man kann da auch recht gut nachfühlen, dass die Gattung Zarzuela mehr ist als eine spanische Abart der Operette – oder sagen wir präziser, dass auch in die Zarzuela Opern-Ansprüche hineinspielen, so wie in die besten „unserer“ Operetten. Das Orchester hat mit Verve das Intermezzo aus der Zarzuela La boda de Luis Alonso von Gerónimo Giménez hören lassen – das einzige Stück dieses Genres weit und breit, das es zum überregionalen Gassenhauer gebracht hat.

Gerne hätte man, weil schon die Sinfonía por el Perú da war, mehr aus diesem Repertoirebereich gehört und dafür auf die – natürlich auf dem Silbertablett präsentierten – tenoralen Schmachtfetzen vom Liebestrank bis zu Carmen verzichtet. Aber die Flórez-Fans, die das Große Festspielhaus am Sonntag Nachmittag (28.8.) bis zum letzten Platz füllten, sehen das wohl anders. Die hohen Töne waren immer in gebotener Leuchtkraft da. Die Intonation zwischendurch? Wer fragt bei Flórez-Anbetungsstunden denn nach so etwas?

Nett der Abschluss, ein Ausflug in die quasi „indigene Kunstmusik“ Perus. Was haben unser Stille Nacht und El cóndor pasa gemein? Beide Melodien rechnen zum tönenden UNESCO-Welterbe. Das von Roberto González-Monjas sehr aufmerksam geleitete Orchester hat diese Melodie in einer mächtig aufgeblasenen, mit schwerem Blech aufgeladenen Fassung hören lassen. Urkräftige Tanzrhythmen dann. Wer hätte erwartet, dass die junge Dame am ersten Kontrabass in der zweiten Reihe plötzlich ihr Instrument weglegt und eine tolle Tanzperformance hinlegt? Überhaupt: Wie die jungen Leute da schunkeln beweist, dass sie diese Rhythmen im Blut haben so wie die Wiener Philharmoniker den Donauwalzer. Jubel und ein Zugabenteil ohne Ende.

Bilder: Salzburger Festspiele / Marco Borrelli

 

 

 

 

 

 

 

 

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