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Ungestraft auf Raubzug

FESTSPIELE / DAMRAU / DE MAISTRE

24/08/22 Die Harfe. Am besten wirft man alle Klangerwartungen an das Instrument und vor allem alle Vorurteile über Bord, wenn sich Xavier de Maistre ans Werk macht. Er begleitete am Dienstag (23.8.) im Haus für Mozart die Sopranistin Diana Damrau durch ein Programm querbeet – und ließ besonders solo aufhorchen.

FESTSPIELE / DAMRAU / DE MAISTRE

24/08/22 Die Harfe. Am besten wirft man alle Klangerwartungen an das Instrument und vor allem alle Vorurteile über Bord, wenn sich Xavier de Maistre ans Werk macht. Er begleitete am Dienstag (23.8.) im Haus für Mozart die Sopranistin Diana Damrau durch ein Programm querbeet – und ließ besonders solo aufhorchen.

Von Reinhard Kriechbaum

Da hat Xavier de Maistre ein gar wundersames Impromptu von Gabriel Fauré hören lassen. Er ließ Begleitstimmen gar wundersam verhauchen, arbeitete Melodien in allen Lagen plastisch, weil mit höchst individuellen Färbungen heraus. Er setzte aber auch markige Akzente, wie überhaupt er in diesen fünf Minuten am Beispiel eines den meisten Konzertbesuchern vermutlich unbekannten, reizvoll-vielschichtigen Werks den Klangkosmos seines Instruments umfassend erschloss, so wie später nochmal in einer eigenen Bearbeitung eines Gassenhauers aus Debussys Suite bergamasque.

Wir beginnen eine Liederabend-Besprechung ausgerechnet mit den beiden instrumentalen Intermezzi des Begleiters? Hat seinen Grund. Nicht, dass es viel zu nörgeln gäbe an Diana Damrau, die das Programm gut auf ihre gestalterischen Präferenzen abstimmte (sieht man man mal vom ersten Block mit allzu Wohlbekanntem von Schubert ab).

Was aus dem Lieder-Repertoire, das für neunundneunzig komma irgendwas Prozent eine Klavierbegleitung vorschreibt, taugt überhaupt für Harfenbegleitung? Schuberts Auf dem Wasser zu singen drängt sich auf, und die beiden Vertonungen des Verlaine-Gerdichts Claire de lune durch Gabriel Fauré und Claude Debussy sowieso. Dessen reizvoll-kesse Miniatur Mandoline (wieder auf Verlaine) genau so. Xavier de Maistre ist ein Harfenist, der mit seinem Instrument ungestraft auf Raubzug gehen darf, egal, ob er nun Klaviernoten oder gleich ganze Orchesterpartituren für die Harfe vereinnahmt. Und drum geht eigentlich alles, sogar das Weidenlied der Desdemona aus Rossinis Otello, in dessen langem Instrumentalvorspiel dieser Ausnahme-Musiker ganz ohne jede Mühe einen zarten, in feinsten Farben schillernden Orchestersatz imaginiert. Und doch ist die Harfe eben kein Klavier. So reizvoll das Lieder-Projekt der beiden anmutet: Irgendwo im Hinterkopf des Hörers schwirrt das Klavier herum.

Es brauchte dafür wahrscheinlichn eine Partnerin an der Stimme, die mehr Timbre-Varianten zur Verfügung hat als Diana Damrau. Ihre Stärken sind andere, etwa  das klare Leuchten ihres Soprans, unterstzützt durch lebenslange Bühnenerfahrung. Bei Rossini ist sie ganz daheim. Die Verzierungen kommen akkurat. Auch der Melos im reizvoll zusammengestellten Block mit Fauré-Liedern kommt ihr sehr entgegen. Die Debussy-Abteilung an dem Abend: Da waren gestalterisch die Beiträge des Instrumentalisten überzeugender.

Die echten Gustostücke also am Ende, bei Rossini, der auch ziemlich gut zu parodieren wusste: In einen überhitzten Bolero kleidete er Die Einladung einer jungen Dame, die den Besuch ihres Herzbuben schon gar nicht mehr erwarten kann. Und nicht minder lüstern Die Hirtin der Alpen, die uns mit anderen Worten, aber doch eindeutig wissen lässt, dass es dort keine Sünd' gibt. Die zwei Strophen münden in urige Belcanto-Jodler. Da ist die Damrau so richtig daheim.

Bilder: Salzburger Festspiele / Marco Borrelli

 

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