Nur ganz kurze Zeit mit Bartók
FESTSPIELE / YEFIM BRONFMAN
11/08/22 Zwei Mal hat Yefim Bronfman dieser Tage Béla Bartóks forderndes zweites Klavierkonzert gespielt. Das zehrt sicherlich an interpretatorischer Substanz. So gesehen mochte man dem Pianisten nachsehen, dass er „aus gesundheitlichen Gründen“ die von ihm das seinen Soloauftritt im Großen Saal des Mozarteums ausgesuchte Programm modifizierte.
Von Horst Reischenböck
Das bedeutete freilich auch Abstriche für den Festspiel-Binnenzyklus Zeit mit Bartók, zu dem Bronfman in seinem Solistenkonzert nach ursprünglichem Plan nicht nur die Suite op. 14 Sz 62 von 1916, sondern auch die Klaviersonate Sz 80 hätte beitragen wollen. Davon blieben also nun bloß die acht Minuten der Suite. In die vier knappen Sätze ließ Bartók bewusst wenig folkloristische Elemente einfließen, während progressiv rhythmische Temposteigerung in den ersten dreien über kaum mehr als solche wahrnehmbare Auseinandersetzung mit früher Dodekaphonik dann zuguterletzt friedvoll verlischt.
Vermag der Name Bartók das Publikum ernsthaft zu verschrecken? Der Große Saal des Mozarteums war am Mittwoch (10.8.) jedenfalls nicht einmal im Parterre ausverkauft. Heutigen Ohren, die längst Anderes gewöhnt sind, sollte dergleichen absolut verträglich sein, speziell wenn die Bartók-Suite so impulsiv und gekonnt wie von Yefim Bronfman ausgeführt wird. Übrigens hat sich der Komponist für seine Sonate (die man leider nicht zu hören bekam) wegen des im 2. Satz geforderten Tonumfangs im unteren Bereich explizit einen Bösendorfer Imperial ob dessen 97 Tasten gewünscht. Hätte gut gepasst hier...
Stattdessen stellte Yefim Bronfman am Steinway an den Beginn des Abends Ludwig van Beethovens erste tatsächlich „große“ Sonate, die Nr. 7 in D-Dur op. 10/3. Es stellte sich schon die Frage, was für einen Interpreten anstrengender sein mag: Die gut 21 Minuten Beethoven oder die zwölf, die Bartók für sein Werk vorgibt.
Bronfmans Sicht auf Beethoven warf dann in der Appassionata (Sonate in f-moll op. 57) Rätsel auf. Denn so brachial wie der gut Sechzigjährige den Flügel dann bei aller angestrebten Leidenschaft im Diskant und Bass traktierte, grenzte das mitunter akustisch fast schon an Zertrümmern des Instruments. Der Titan im Ringen mit sich selbst?
Das virtuose Rüstzeug für Chopin hat Bronfmann natürlich, aber die h-Moll-Sonate op. 58 wirkte ein wenig so, als wolle der Pianist sich und seine Sicht auf das Werk von der Gefahr eines Zuviel an Emotion distanzieren. Der Largo-Satz war so wenig kantabel inspiriert schon lange nicht mehr zu erleben gewesen. Dass Bronfman auch anders kann, bewies er dann im Zugabenteil an Hand eines Dreierpacks von Chopin und Robert Schumann. Den zwiespältigen Eindruck an das zuvor Gehörte hat er damit aber nicht vergessen machen können.