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Mit Alphörnern auf Mikroton-Suche

FESTSPIELE / RSO WIEN / MARIN ALSOP

10/04/22 Ein bisserl hinterfotzig könnte man fragen: Wozu in Mikrotönen komponieren, wenn eh vier Alphörner spielen? Aber in diesem Fall war's das Schweizer Hornroh Modern Alphorn Quartet, und das sind tolle Bläser und nicht irgendwelche Almhirten. Die Dissonanzen-Reiberei hatte also System.

Von Reinhard Kriechbaum

Georg Friedrich Haas, der Komponist des gut halbstündigen concerto grosso Nr 1 für vier Alphörner und großes Orchester, nahm die leichten Abrückungen von dem, was unseren an ordentliche Tonleitern gewöhnte Ohren sonst gut tut, als strukturelle Herausforderung an. Zum Beispiel gewinnt er aus Reibungen, die durch eng beieinander liegende Töne der Alphörner entstehen, Tonmaterial für das sich oft mächtig aufplusternde Riesenorchester (sieben Pauken machen schon was her, auch wenn nur ein Spieler drauf schlägt). Oder, was auch über lange Strecken durchgespielt wird: Haas lässt das Orchester die Frequenz der Schwebungen, wie sie die Soloinstrumente produzieren, aufgreifen und das Tempo lebhaft modifizieren.

Dieses Hin und Her hat man freilich rasch durchschaut, und dann wird die Sache schon ein wenig eintönig, weil ja der Tonvorrat der Alphörner überschaubar ist. Auch wenn „Alphorn-Quartett“ konkret so aussieht: Vier Musiker, fünf Instrumente und weitere sechs schlanke Verlängerungsstücke, die so wie die Rohre bei einem Naturhorn eingesetzt werden und die Grundstimmung verändern.

Dankbar war man jedenfalls, als dieses brillante Bläser-Kollektiv gleich zu einer witzigen Zugabe angehoben hat: Drei Alphörner und ein Kuhhörndl, auf dem sich erstaunliche Glissando-Effekte machen lassen, wenn man so professionell hinein bläst. Danach hatte man jedenfalls verstanden, warum es gefährlich ist, dem Matterhorn und anderen Schweizer Gipfeln zu nahe zu kommen. Geröll-Lawinen dräuen, denn das ist Schweizer Musik zum Steinerweichen.

Das obligate Gastspiel des ORF Radio-Symphonieorchesters Wien unter Marin Alsop hielt diesmal drei Stücke bereit, die auf unterschiedliche Weise Folklorismen aufgreifen, wobei die beiden Stücke, die Haas' concerto grosso umrahmten, unmittelbar von der Volksmusik der jeweiligen Länder inspiriert sind. György Ligeti war, was nicht so bekannt ist, einer der Assistenten von Zoltàn Kodàly, als dieser ungarische Volksmusik aufzeichnete.

Ligeti war Szekler, also Angehöriger der ungarischen Volksgruppe in Rumänien. Das Concert Romanesc, 1951 entstanden, taugt allemal als Einstiegsdroge in die Musik von Ligeti. Vor allem im Adagio-Satz muss man auch da an Alphörner denken, und auf ein Echo von einer anderen Almhöhe der Karpaten. Das Werk bietet herausfordernde und wirkungsvolle Soli nicht nur für die Konzertmeisterin.

Nach der Pause die Sinfonietta von Leoš Janáček, der Gassenhauer schlechthin der tschechischen Nationalmusik. Das RSO hatte alle seine Blech-Reserven aufgeboten, in den Reihen des Orchesters und in den Arkaden. Marin Alsop hat aber ihre instrumentalen Mitstreiter eher zurückgehalten und nicht aufs Knallige gesetzt. Da könnten schon die Eingangs-Fanfaren ganz anders in die Ohren fahren. Dafür kamen viele Finessen der Instrumentation heraus. Aber so richtig gepackt hat einen diese Wiedergabe nicht.

Im Hörfunk am 18. August um 19.30 Uhr in Ö1
Bilder: Salzburger Festspiele / Marco Borrelli

 

 

 

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