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Brummt bös oder pfeift dunkelblau

FESTSPIELE / c-MOLL-MESSE / HERREWEGHE

10/08/22 Zufall? Vor genau fünfhundert Jahren wurde Johann von Staupitz zum Abt von St. Peter geweiht. Er, zuvor Beichtvater von Martin Luther, versuchte vergeblich, diesen nach Salzburg zu locken. Philippe Herreweghe, 75jährig, holte dies jetzt beim Kirchenkonzert nach, indem er Mozarts c-Moll Messe von Mendelssohn vertonte Worte des Reformators voranstellte. 

Von Horst Reischenböck

Der Grund für dieses reizvolle Programmdetail war aber wohl ein anderer: Felix Mendelssohn Bartholdy nannte seinen Choral Mitten wir im Leben sind op. 23/3 gegenüber seiner Schwester Fanny als „wohl eins der besten Kirchenstücke, die ich gemacht habe, und brummt bös, oder er pfeift dunkelblau“. Was immer er auch damit zum Ausdruck bringen wollte... Jedenfalls ist das Werk gesetzt für achtstimmigen Chor, wie ihn auch Wolfgang Amadé Mozarts gut fünfzig Jahre vorher in seinem großen Torso KV 427 vorsah.

Das belgische Collegium Vocale, von Herreweghe aus seiner einstigen Erfahrung im Mitwirken bei den Bach-Aufnahmen von Nikolaus Harnoncourt heraus gegründet, bewies schon eingangs damit seine erstklassigen stimmlichen Qualitäten, dynamisch differenziert und durchschlagkräftig. Wenngleich, von hinten vor dem Hochaltar in der Kirche der Erzabtei heraus, nicht immer wortverständlich.

Was Mendelssohn am Ende und Mozart am Beginn zudem eint, ist die flehentliche Bitte Kyrie eleison. Lateinische Floskeln wurden ja auch noch lange seitens der Protestanten gepflegt.

Bernhard Paumgartner, auf den die Idee zurückgeht, Mozarts c-Moll-Messe am mutmaßlichen Ort ihrer Uraufführung ins Festspielgeschehen einzubeziehen, ergänzte fehlende Teile des Fragments einst aus der Missa longa KV 257. Andere, wie die Musikwissenschaftler Franz Beyer, Richard Maunder oder, auftrags der Stiftung Mozarteum (die sich offenbar nicht mehr an der Festspiel-Aufführung als Coveranstalter beteiligt) der Komponist Helmut Eder, haben die Instrumentalstimmen auszufüllen versucht. - Bis zu Robert D. Levin, der fehlende Teile im Geiste Mozarts komplettierte.

Philippe Herreweghe setzte mit der, seinen engagiert impulsiven undd historisch fundierten Anweisungen willig folgenden Camerata Salzburg, auf die von H. C. Robbins Landon zum Mozartjahr 1956 geschaffene Rekonstruktion. Sie wirkt vor allem in der Ergänzung von Sanctus und Benedictus füllig und sehnig. Das Hosanna in der abschließenden Wiederholung dünkt allerdings eher ungewohnt gekappt.

Im perfekt austahiert besetzten Solistenquartett standen einander die Sopranistinnen Eva Zaïcik und die kurzfristig für Mari Erikssmoen eingesprungene Morgane Heyse bezüglich Koloraturen-Geläufigkeit in nichts nach. Wobei letztere mit dem beseelten Et incarnatus est zusätzlich trumpfen konnte. Perfekt ergänzt wurden die Soprane durch den Tenor David Fischer (Salzburgern bekannt als Tamino am Landestheater) und den Bass Mikhail Timoshenko.   

Beifall zählt zwar auch zum Brot der Künstler – aber so ohne Gespür lautstark aufbrausend wie am Dienstag (9.8.) in der Stiftskirche St. Peter ging wieder einmal jedwede Art an innerer Reflexion flöten.

Das Kirchenkonzert wird heute Mittwoch (10.8.) um 20 Uhr in St. Peter wiederholt - www.salzburgerfestspiele.at
Bilder: SF / Marco Borelli

 

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