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Wumms mit Stillstand

FESTSPIELE / WIENER PHILHARMONIKER / NELSONS

08/08/22 Andris Nelsons und die „Wiener“ sorgten in Salzburg mit der Fünften Mahler für nicht ganz berechtigten Jubel im Großen Festspielhaus. Yefim Bronfman begeisterte als Solist im zweiten Klavierkonzert von Béla Bartók.

Von Heidemarie Klabacher

Die Symphonie Nr. 5 cis-Moll von Gustav Mahler, die mit monumentalen Trauermarsch, dem beinah irrsinnigen Scherzo und dem überirdischen Adagetto: Das Herz geht einem jedesmal über mit den ersten Tönen. So war es auch am Sonntag (7.8.) bei der zweiten Philharmonischen Matinee im Großen Festspielhaus. Nur kam der Herzensfluss der Vorfreude – Nelsons ist immerhin Kult – schon nach dem ersten Fanfaren-Klängen ins Stocken. Echt jetzt? Diesen entscheidenden Hauch zu langsam das Ganze? Der erste Orchester-Wumms hinein ins Trompetensolo nicht auf einen Atem mit dem Solo-Bläser. Die vielen extremen Stimmungs- und Motivwechsel natürlich wiener-philharmonisch geschmeidig, im Tempo nicht wirklich logisch. Fast zerdehnt. Langsam(er) kann schon spannend sein, nur ging es hier auf Kosten einer das Monumentalwerk zusammenhaltenden und vorwärtsbringenden Spannung. Mancher Effekte, in den Bläsern vor allem, schienen dagegen recht willkürlich „aufzuzacken“. Ihnen wurde die ohnehin aufgrund des zerfallenden Tempos nicht recht zustande kommende innere Geschlossenheit noch weiter geopfert.

Auch den zweiten „stürmich bewegt“ zu spielenden Satz, dieses Wahnsinns-Wechselspiel zwischen schroffer Verzweiflung und sehnender Hoffnung, erlebte man eher als aneinandergereihte Episoden, denn als „Musikdrama“ aus einem Guss. Und die Wiener Philharmonischen Streicher zu dick im Sound? Hat man das je vorher schon erlebt? Hier ward's Ereignis.

Dafür war der Bläserchoral eine zentrale Sammelstelle vor dem wirklich effektvollen Schluss-Crescendo Richtung nichts. Das aberwitzige Scherzo nahm schließlich Fahrt auf, entwickelte Drive und einen immerhin deutlich spürbar werdenden vorwärtsdrängenden Zug. Auch hier kamen ruhigere Passagen un-plausibel langsam daher. Die scharfen Kontraste rundete Nelsons auch hier – troz toller Einzeleffekte – nicht wirklich zur Geschlossenheit. Das legendäre Adagetto war natürlich „schön“, Verbeugung vor der Harfe. Aber auch hier wünscht man sich einen transparenteren, deutlich weniger pastosen Streicherklang. Es wird wieder eine Fünfte Mahler geben.

Ein echter Hit dagegen war die Wilde Jagd durch Béla Bartóks Konzert für Klavier und Orchester Nr. 2 G-Dur Sz 95 mit Yefim Bronfman. Voll Energie, Power und Drive vom ersten Ton an fetzten, jazzten, paukten und perlten Solist und Orchester das Brillant-Feuerwerk über die Bühne. Es ist für die Solisten eines der herausfordernsten Klavierkonzerte des Repertoirs, für die Zuhörer eines der mitreißendsten, voll der überraschendsten musikalischen, rhythmischen und agogischen Extreme. Alle Extreme des Solo-Parts stupend ausspielend, aussingend, blieb Yefim Bronfman dennoch immer mittendrin im Kollektiv, beinah mehr Orchestermusiker als Solist. Gerne würde man nach diesem Naturereignis den Werktitel erweitern und künftig als „Konzert mit dem Wumms für Klavier, PAUKE und Orchester“ firmieren lassen: Cappeau für alle, Nelsons, die Wiener, Bronfman und den Wiener Philharmonischen Paukenspieler.

Bilder: SF / Marco Borelli; Dario Acosta

 

 

 

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