Den Blick auf Möglichkeiten werfen
SALZBURGER FESTSPIELE 2022
10/12/21 174 Aufführungen an 45 Tagen in 17 Spielstätten. 54 Vorstellungen im Jugendprogramm im ganzen Bundesland. 224.933 aufgelegte Karten zwischen fünf und 455 Euro können ab 24. Jänner bestellt und ab 7. April direkt gekauft werden. Das Gesamtbudget 2022 beläuft sich auf 66,8 Millionen Euro. Und es ist der letzte Festspielsommer von Helga Rabl-Stadler.
Von Heidemarie Klabacher
Es war somit auch die letzte Pressekonferenz von Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler. Sie hat heute Freitag (10.12.) zu Beginn der Programmpräsentation zum kommenden Festspielsommer ihre 27 Jahre Präsidentschaft in knappe Zahlen gefasst: Sechs Intendanten. Zehn Kunstministerinnen und Kunstminister. 5626 Produktionen, „für die ich mit-verantwortlich zeichnen durfte“. 160 Millionen Euro Sponsorgeld, „mit dem sich viele Ideen verwirklichen ließen, die aus dem normalen Budget nicht möglich gewesen wären“. Und ganz genau 6.094.994 Besucherinnen und Besucher: „Unser Publikum ist die wichtigste Säule der Festspiele. 45 Prozent der Einnahmen kommen aus dem Kartenverkauf“, erinnerte die scheidende Festspielpräsidentin.
Lukas Crepaz, der kaufmännische Direktor, sieht der „dritten Saison in Pandemiezeiten“ gelassen entgegen: Habe man das Programm 2020 „noch erheblich modifizieren müssen“, sei der vergangene Festspielsommer 2021 „dank Präventionskonzept fast wie geplant abgelaufen“, auch wenn es Änderungen vor allem im Zusammenhang mit Einreiseverordnungen gegeben habe. Inzwischen habe man in all diesen Bereichen „genügend Routine“. Auch Markus Hinterhäuser, der Intendant der Salzburger Festspiele, hält am Vorjahres-Vorsatz fest, „keinen voraus eilenden Pessimismus walten zu lassen“.
Das Opern-Programm 2022 umfasst vier Neuinszenierungen, zwei Neu-Einstudierungen und zwei konzertante Aufführungen. Il Trittico von Giacomo Puccini basiere, so Intendant Hinterhäuser, auf Dantes Göttlicher Komödie, einem „großen poetischen Werke der Menschheitsgeschichte“. Uraufgeführt 1918 in New York spiele die Oper Il Trittico in „einer Zeit, die politisch, sozial und ökonomisch vollkommen aus den Fugen geraten war“. Puccini führe darin die Göttliche Komödie herüber in die „wirkliche Welt der kleinen Leute“. Die Dreiteilung – Hölle, Fegefeuer, Paradies – spiegle sich auch in den Einaktern, „die vordergründig nicht viel miteinander zu tun haben“, sagte der Intendant und betonte: „Da ist nichts halbseiden. Es ist ganz große Oper.“ Asmik Grigorian wird alle drei weiblichen Rollen singen – Loretta in Gianni Schicchi, Georgetta und die Nonne Angelica. Christof Loy inszeniert die Oper im Großen Festspielhaus. Franz Welser-Möst dirigiert die Wiener Philharmoniker.
Herzog Blaubarts Burg von Béla Bartók und De temporum fine comœdia – Das Spiel vom Ende der Zeiten von Carl Orff folgen. Blaubart, ebenfalls 1918 uraufgeführt, sei „eine Partitur, durch die ein eisiger Wind weht, eine Oper, die nicht viel Hoffnung lässt“, sagte Markus Hinterhäuser zum ersten Teil dieses Doppel-Opernabends. Bartók gegenüber stehe Orff. Die „Komödie“ war ein Auftragswerk der Salzburger Festspiele 1973, die Uraufführung dirigierte Herbert von Karajan. „Ein großartiges, großes und sehr schweres Werk, voller sphärischer Schönheit, von dem man seither nichts mehr gehört hat“. Romeo Castellucci führt Regie, Teodor Currentzis dirigiert das Gustav Mahler Jugendorchester.
Die vierte Neuproduktion gilt der Oper Katja Kabanowa von Leoš Janáček, „in auffallender zeitlicher Nähe, nämlich 1921, zu den anderen Opern des Festspielsommers geschrieben“. Markus Hinterhäuser: „Da hatten wir in den 1990ern eine grandiose Produktion. Es ist eine Geschichte die schrecklich endet, aber wahrhaftig ist.“ Corinne Winters übernimmt in der Neuinszenierung von Barrie Kosky die Hauptrolle. Jakub Hrůša dirigiert die Wiener Philharmoniker und die Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor und gibt damit sein Festspieldebüt.
Eine zweite Chance mittels Neu-Einstudierung bekommen die Aida, mit der die Regisseurin Shirin Neshat 2017 bei den Festspielen debütiert hat und die Zauberflöten-Lesart von Lydia Steier. Da seien „2018 ein paar Dinge nicht ganz in der Spur geblieben“, sagt Markus Hinterhäuser, der aber überzeugt ist, „dass einige Dinge im Konzept zwingend sind“. Das es wirklich etwas Neues werden soll, zeige vor allem der Transfer vom Großen Festspielhaus ins Haus für Mozart. Am Pult der Wiener Philharmoniker stehen wird Joana Mallwitz. Er halte es für wichtig und eine wesentliche Aufgabe, betonte Hinterhäuser, „mit bestehendem Material neu umzu gehen und nach ein paar Jahren noch mal einen Blick auf eine Möglichkeit zu werfen“.
Konzertant aufgeführt werden Gaetano Donizettis Lucia di Lammermoor und Wolfgang Rihms Kammeroper in 13 Bildern Jakob Lenz. Als Wiederaufnahme von den Pfingstfestspielen steht Il barbiere di Siviglia von Gioachino Rossini mit Cecilia Bartoli in der Regie von Rolando Villazon auf dem Programm.
Florian Wiegand präsentierte das Konzert-Programm, das 79 Konzerte „auch mit vielen Bezügen zur Oper“ umfassen wird. Die Ouverture spirituelle steht unter dem Titel Sacrificium. Am Pult der Wiener Philharmoniker stehen werden Christian Thielemann, Andris Nelsons, Riccardo Muti, Daniel Bareboim und Esa-Pekka Salonen. Die Reihe Orchester zu Gast eröffnet Teodor Currentzis mit dem Gustav Mahler Jugendorchester, das er zum ersten Mal leitet, Currentzis bestreitet aber auch einen Termin mit seinem Orchester musicAeterna. Weiters zu Gast sind das West -Eastern Divan Orchestra unter Daniel Barenboim, die Berliner Philharmoniker unter ihrem Chefdirigenten Kirill Petrenko, das ORF Radio-Symphonieorchester Wien, das einmal geleitet wird vom Joel Sandelson, dem Preisträger des Herbert von Karajan Young Conductors Award, und Manfred Honeck mit seinem Pittsburgh Symphony Orchestra. (Wird fortgesetzt)
www.salzburgerfestspiele.at
Bilder: Stills vom Pressegespräch-Stream
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