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Vorhölle und Himmel des Originalklangs

FESTSPIELE / FREIBURGER BAROCKORCHESTER

19/08/21 Originalklang kann vom Urlaut der Naturhörner bis hin zum feinsinnigsten Akkordgewebe am Cembalo reichen. Im Konzert des Freiburger Barockorchesters am Mittwoch (18.8.) im Großen Saal des Mozarteums gab's Kostproben für beides.

Von Reinhard Kriechbaum

Spieler auf Naturhörnern sind auf das angewiesen, was ihnen die Physik ohne Hilfsmittel wie Klappen erlaubt. Sie sind zurückgeworfen auf die Naturtonreihe. Archaischer geht’s eigentlich nur auf dem Gartenschlauch. Wenn die Tempi dann wirklich rasant werden – und das taten sie fürwahr, nicht nur in der Wiedergabe des Ersten Brandenburgischen Konzerts von Bach, das die beiden Hörner ganz furchtbar exponiert fordert – dann geht es den bedauernswerten Musikern im Wortsinn an den Kragen. Es hat mächtig geknirscht rechts auf dem Podium. Die beiden Herren können's übrigens viel, viel besser, wenn man sie lässt. Das durften sie in der Telemann-Zugabe zeigen.

Es konnte nach diesem Kurzaufenthalt in der Vorhölle des Originalklangs jedenfalls nur mehr himmelwärts gehen mit den Brandenburgischen Konzerten: Diese Richtung ist als Motto im Festspielzyklus Zeit mit Bach ausgewiesen. Der Weg führte dann rasch in den siebenten Himmel.

Die sechs Brandenburgischen Konzerte wurden nicht in der üblichen Reihenfolge gruppiert, sondern nach Wirkung. Nach der lautstarken Eröffnung mit der Nummer eins kam die Nummer sechs, mit den einprägsamenn solistischen Dialogen der beiden Bratschen und des Cellos (Corina Golomoz, Werner Saller, Guido Larisch) nebst minimalistischem „Tutti“ zweier Gamben und eines Basses.

Dann wieder das Effektvolle, das zweite Konzert mit seiner beispiellos farbigen Solistengruppe. Wie unglaublich schlank und locker der Trompeter Jaroslav Roucek mit der Blockflötistin Isabel Lehmann und der Geigensolistin Hannah Visser ins Gespräch kam! Lautstärke-Balance war da überhaupt kein Thema. Zur Oboe (Josep Domènech) sowieso nicht.

Die solistische Abwechslung ist das hauptsächlich Erquickende an den Brandenbuirgischen Konzerten (die emsigen Pult-Umsteller bekamen sogar Sonderapplaus). Was die außerordentliche Streicher-Kompetenz des Freiburger Barockorchesters angeht, war das dritte Konzert natürlich besonders anschaulich: pure Lyrik in duftiger Durchörbarkeit, gepaar mit technischer Genauigkeit. Da wirkt der Leiter des Ensembles, Gottfried von der Goltz (Solist im ersten und im vierten Konzerten) schon eher „old school“.

Ein Kapitel für sich ist Kristian Bezuidenhout, dem das exponierte Cembalosolo im fünften Konzert zukam. Dafür klappern Cembalisten gerne an einem leuchtenden klangkräftigen Instrument dahin, wogegen hier ein auffallend feinsinnig intoniertes Cembalo zum Einsatz kam (als Continuo-Instrument sonst beinah zu leise). Bezuidenhout hat mit motorischer Verve, aber delikater Übersicht durch die Harmoniezwirbeln geleitet. Es galt auch fürs Zusammenspiel zwischen ihm und der Geigerin Judith von der Goltz sowie dem Traversflötisten Karl Kaiser: In diesen Wiedergaben wurden die kleinsten Federkräfte genutzt, auf dass die Motorik dieser Musik rund lief. Perpetuum-mobile-Charme vor allem im Finalsatz des fünften Konzerts.

Das galt natürlich nicht minder für den Gassenhauer in der Reihe der Sechs Brandenburgischen Konzerte schlechthin, dem vierten mit Violine und zwei Blockflöten (Isabell Lehmann, Marie Deller) als Solisten. Verdientermaßen viel Jubel.

Bilder: Salzburger Festspiele / Marco Borrelli

 

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