Ein Fest für das Gemüt
FESTSPIELE / MOZART-MATINEE / MANZE
16/08/21 Mozarts jugendliches Genie bescherte einen fulminanten Klangrausch bei der Mozart-Matinee des Mozarteumorchesters - nach Manaconda und Bolton nun unter der Leitung von Andrew Manze. Isabelle Fausts warmer und lebendiger Ton ward in zwei Violinkonzerten zum Ereignis.
Von Erhard Petzel
Den pompösen Auftakt setzt die Symphonie C-Dur KV 338, noch in Salzburg entstanden. Der reiche Bläserpart darf im ersten Satz lustvoll dominieren, ohne in unkultivierte Extreme zu verfallen. Andrew Manze erweist sich als geschickter Kapellmeister, der sein Ensemble nicht nur sicher durch die Schönheiten von Mozarts jugendlich-stürmischen Einfällen führt, sondern kleinste Details aufleuchten lässt und mit unerschütterlicher Kraft die großen Orchesterwalzen ausrollt. Zu seiner Präzision tritt ein sympathischer illustrativer Gestus, der im Festen nicht verkrampft, im Lockeren nicht verschleift. Selbst die geschmeidigen Schultern kreisen dem musischen Atlas, um dynamische Welten zu steuern. Nicht eitle Selbstinszenierung, alles dient dem Ausdruck.
Der Mittelsatz des dreisätzigen Werkes kontrastiert die Randsätze gänzlich. Jetzt sind die Streicher unter sich, die tieferen Schwestern übernehmen Melodien in wiegend leichter Polyphonie. Manzes Armbeugen verströmen die Spannung für die Bögen der weiten Phrasen. Wohlkalkuliert das Furioso des Allegro vivace mit farbiger Binnendynamik, deren Finessen sehr fein ausgekostet werden. Locker duftige Ohrwürmer mit quirligen Oboen-Duetten folgen explosiven Ausbrüchen.
Darauf das Konzert für Violine und Orchester B-Dur KV 207, das früheste Instrumentalkonzert des damals Siebzehnjährigen, dem nach der Pause das sogenannte Straßburger Konzert G-Dur KV 216 gegenübersteht. Eine interessante Konfrontation, ist dieses dritte Violinkonzert nur zwei Jahre später entstanden und atmet doch höhere Komplexität und Vielfältigkeit. Laut des im Programmheft zitierten Biografen Alfred Einstein sei es ein Wunder in Mozarts Schaffen. Dabei gibt es auch Parallelen. Nach abgespielter Themenfolge im ersten Satz eignet beiden eine ausführliche Moll-Sequenz, wobei das spätere Werk raffiniertere Interaktion zwischen Solo und Tutti entwickelt, während KV 207 episodische Blöcke präsentiert. KV 216 quillt über von Ideen und hält ein Adagio von entrückender Süße bereit. Isabelle Fausts warmer und lebendiger Ton wird hier zum Ereignis. Umso frecher die fürwitzige Kadenz des dritten Satzes nach einem Zwischen-Andante und einem deftigen Bordun-Schlager. Neckisch der ins Nichts verblasene Horn-Schluss.
Den Abschluss machte die Symphonie G-Dur KV 318, nach italienischer Manier in unabgesetzter Dreisätzigkeit. Ein flotter Rausschmeißer, der die lustvolle Erfahrung des adoleszenten Wolfgang mit den Mannheimer Walzen dokumentiert. Den Ouvertüre-Charakter des Werkes im Sinn, denkt man sich hier die Wurzel einer Attitüde, für die Rossini später gefeiert werden sollte. In detailreicher Akzentuierung vom so dynamischen wie freundlichen Maestro feurig befedert, darf das Blech die Schlusstöne ekstatisch forcieren. Ein großartiges Konzert, ein Fest für das Gemüt, eine Riesenfreude mit und an Mozart.
Bilder: SF / Marco Borrelli