Die Trommel gerührt, die Pauke geschlagen
FESTSPIELE / MOZART-MATINEE / MINASI
24/07/21 Clärchen. Das ist die Freundin vom Grafen Egmont. Freudvoll und leidvoll, gedankenvoll sein. Sie wissen schon. Das ist ein bisserl später, denn zuerst hat sie noch ihren Liebsten als „L'homme armé“ besungen und bewundernd geschwärmt: Die Feinde schon weichen, wir schießen da drein. Welch Glück sondergleichen, ein Mannsbild zu sein. Das Mannsbild war Tobias Moretti.
Von Reinhard Kriechbaum
Eigentlich fast kontraproduktiv, Beethovens Bühnenmusik zu Goethes Egmont im Rahmen der Ouverture spirituelle zum Thema Pax zu offerieren. Irgendwie ist in diesem Theaterstück über den Freiheitskampf der Niederländer gegen die spanischen Habsburger alles drinnen, was bis heute nationaler Scharfmacherei dient.
Aber im Zweifelsfall aber adelt die Kunst nicht nur die Mittel, sondern auch die Botschaft. Tobias Moretti war in der ersten Mozart-Matinee (24./25.7.) der Erzähler der Geschichte, die er aus Zitaten und mit mancherlei eigenen Zutaten sehr anschaulich rübergebracht hat. Das war auch dramaturgisch stark und vermittelte sehr anschaulich zwischen den Musiknummern und deren affektivem Gehalt.
Das einmal gedankenvoll lierbende, zuvor die Trommel rührende Clärchen war die kosovarische Sopranistin Elbenita Kajtazi, die man gleich vormerken sollte für weitere Festspiel-Engagements. Es gehört einiges dazu, diese beiden Lied-Marginalien aus der Egmont-Musik zu so einprägsamen Charakterstücken zu formen und doch nicht weit übers Ziel hinaus zu schießen.
Scharf geschossen, aber auch viel Hintergründiges herausgekitzelt haben Riccardo Minasi und das Mozarteumorchester. Minasi ließ sich da keineswegs so flott ins Schlachtfeld locken. Wie in der ersten Zwischenaktmusik eine Stimmung suggeriert wurde, die das unterdrückte, aber deutlich vernehmbare Brodeln der Volksstimme schildert – der sprichwörtliche Daumen am Dampfkessel: Das war schon ein Kabinettstück des genauen Notentext-Lesens. Es blieb nicht das einzige.
Zuvor „kriegerische“ geistliche Musik. Haydns Paukenmesse (Missa in tempore belli) spricht ohnedies für sich, wenn ein aufmerksamer Dirigent und ein Orchester, das merklich engagiert und gut drauf war, die vielen großen und kleinen Originalitäten offen legen. Zu Elbenita Kajtazi traten da noch Valentina Stadler (Alt), Mingjie Lei (Tenor) und Matthias Winckhler (Bass). Über weniger gestalterische Aufmerksamkeit durfte sich eingangs Mozart freuen. Dessen Te Deum KV 141 klang derart forsch, als wollte jemand dem lieben Gott heftige Vorwürfe machen, dass er immer wieder tempore belli, eine Zeit des Krieges, zulässt.