Der Schurkenkönig und seine Kinderstube
FESTSPIELE 2021 / SCHAUSPIEL
11/12/20 Wie wurde Richard III. zu dem, als den Shakespeare ihn vorführt? Einer, der sich selbst zu inszenieren und Menschen zu manipulieren verstand? Vielleicht lohnt der Blick in seine Kinderstube, von der Shakespeare im Königs-Drama Heinrich VI. erzählt. Bleiben wir bei Shakespeare: Mit Maria Stuart und Elisabeth liegen zwei starke Engländerinnen im Clinch
.
Auf der Pernerinsel hat am 25. Juli Richard the Kid & the King Premiere. Und da werden wir – an einem vermutlich nicht kurzen Abend – zuerst etwas über die Familiengeschichte Richards und die verrohte Zeit vor seiner Machtergreifung erfahren, danach soll das politischen Umfeld des berühmt-berüchtigten Machthabers ausgeleuchtet werden. Warum spielen alle mit, obwohl sie um die Lügen und das falsche Spiel Richards wissen? Wie gelingt Richard der zynische Spagat, die Menschen einerseits aufs Tiefste zu verabscheuen, sie andererseits aber doch für seine Zwecke zu gewinnen? An Fragen fehlt es nicht. Gestellt werden sie von der der Regisseurin Karin Henkel, die aus beiden Stücken für die Festspiele ein großes Drama macht.
Tom Lanoye, der Autor der legendären Schlachten, die 1999 ihre deutsche Erstaufführung bei den Salzburger Festspielen erlebten, wird Texte für die Inszenierung von Karin Henkel und die Verquickung der beiden Vorlagen von Shakespeare schreiben. Lina Beckmann, die Rose Bernd 2017 bei den Festspielen, übernimmt die Titelrolle. Es ist eine Koproduktion mit dem Deutschen Schauspielhaus Hamburg.
2021 soll also wieder ein Festspielsommer mit Pernerinsel werden. Schillers Maria Stuart ist die zweite Premiere dort (14. August). Erstaunlicherweise wurde das Drama noch nie bei den Festspielen aufgeführt. Es ist ein Beitrag des Burgtheaters zu den Festspielen. Dessen Direktor Martin Kušej inszeniert. Die rivalisierenden Königinnen sind Bibiana Beglau als Elisabeth und Birgit Minichmayr als Maria Stuart.
Im Landestheater kommt am 7. August Hugo von Hofmannsthals Drama Das Bergwerk zu Falun heraus. Es beruht auf einer wahren Begebenheit. 1677 verunglückt ein Bergmann kurz vor seinem Hochzeitstag im schwedischen Falun. Ein halbes Jahrhundert später wird sein im Berg konservierter Leichnam unverwest geborgen und von seiner greisen Braut identifiziert. Vor Hofmannsthal hatten bereits andere Dichter das außergewöhnliche Ereignis verarbeitet (unter ihnen Johann Peter Hebel und E. T. A. Hoffmann), aber anders als sie verzichtet er auf das Motiv des spektakulären Wiedersehens.
Stattdessen rücken Themen wie Zeit und Vergänglichkeit und die psychoanalytischen Erkenntnisse Freuds in den Fokus. Das Bergwerk zu Falun entstand zwischen 1899 und 1911 und zählt zu Hofmannsthals Frühwerken. – Es inszeniert der Schweizer Regisseur Jossi Wieler.
Kein zeitgenössisches Stück diesmal im Schauspielprogramm der Festspiele. Seine Jedermann-Inszenierung wird Michael Sturminger mit der neuen Besetzung (Lars Eidinger in der Titelrolle, Verena Altenberger als Buhlschaft) generalüberholen. Sturminger ist im Sommer 2021 also sowohl als Schauspiel- als auch als Opernregisseur (Tosca) präsent.
Die drei Lesungen sind thematisch eng an die Neuinszenierungen gebunden. Anne und David Bennent lesen aus Baudelaires Gedichtsammlung Les Fleurs du Mal – Die Blumen des Bösen auf Deutsch und Französisch. In dieser „Hingabe an die Faszination des Zerstörenden“ kann man einen Bogen zu Richard III. sehen.
Hanna Schygulla, die unter anderem große Frauenfiguren im filmischen Oeuvre von Rainer Werner Fassbinder unvergessen verkörperte, liest aus Stefan Zweigs Romanbiografie Maria Stuart. Unter dem Titel Die Bergwerke zu Falun gestalten Matthias Brandt als Sprecher und Jens Thomas am Klavier und mit seiner Stimme eine Wort-Musik-Collage aus Texten von E. T. A. Hoffmann. Schauspiel-Recherchen, eine Reihe von Lesungen und Diskussionen, gilt unter dem Titel Manifeste! eben solchen Zeit-Dokumenten aus Kunst und Kultur, aber auch aus dem sozialen und politischen Feld.
Theater im Kino gibt’s in eben diesem: 25 Filmvorführungen (Das Kino in Kooperation mit dem Filmarchiv Austria) zeigt Schauspielerinnen und Schauspieler, die zu Max Reinhardts Ensemble gehörten sowie der Familie seiner Ehefrau Helene Thimig, die ebenfalls einen entscheidenden Beitrag zum österreichischen Filmschaffen beigetragen haben. Stummfilme werden mit Klaviermusik von Maud Nelissen und mit Livemusik von Inou Ki Endo (Shilla Strelka) unterlegt. (PSF/dpk-krie)