Luigi Nonos Aufschrei für die Menschenwürde
FESTSPIELE 2021 / OPER
10/12/20 Mit dem Don Giovanni geht es am 26. Juli los – und ob dann wirklich nur zwei Drittel der Plätze besetzt sein werden, wird der Gang der Pandemie weisen. Jedenfalls werden fürs Erste nicht mehr Karten verkauft. Eben deshalb – weil der Erlös aus dem Kartenverkauf für die Festspiele ja entscheidend ist – bleiben zwei der vom Vorjahr nachzuholenden Opernproduktionen, Die Zauberflöte und Boris Godunov, fürs Erste ausgespart.
Romeo Castellucci, der 2019 mit der Salome in der Felsenreitschule Furore machte, wird den Don Giovanni in Szene setzen, am Pult von musicAeterna steht Teodor Currentzis. In der Titelrolle gibt der italienische Bariton Davide Luciano sein Festspieldebüt. Nadezhda Pavlova ist die Donna Anna, Federica Lombardi, eine Teilnehmerin am Young Singers Project 2015, die Donna Elvira, Anna Lucia Richter die Zerlina. Weiters singen Michael Spyres (Don Ottavio), Vito Priante (Leporello), David Steffens (Masetto) und Mika Kares (Commendatore).
31 Opernvorstellungen sind für den kommenden Sommer in Aussicht gestellt, sechs Produktionen auf der Bühne und zwei Werke konzertant. Als zweite Oper von Mozart wird man Così fan tutte wiederbegegnen können. Auch die zweite Opernproduktion des vergangenen Sommers, Elektra, unter Franz Welser-Möst und mit Aušrine Stundyte in der Titelrolle, wird wiederaufgenommen. In drei der Vorstellungen ist Asmik Grigorian wieder als Chrysothemis zu erleben. Vida Miknevičiūtė singt die Chrysothemis für vier Vorstellungen und gibt damit ihr Rollendebüt.
Welche Stadt könne schon von sich behaupten, im Lauf der Jahre das gesamte Werk von Luigi Nono aufgeführt zu haben, so Intendant Markus Hinterhäuser nicht unkokett bei der Programmpräsentation. Intolleranza 1960 (ab 15. August in der Felsenreitschule) ist Nonos erstes Musiktheaterwerk, uraufgeführt 1961 im Teatro La Fenice in Venedig. Luigi Nono suchte eine neue Form des Musiktheaters. Er verwendete neue Kompositionstechniken, elektronische Musik, Tonbandaufzeichnungen und nannte Intolleranza nicht „Oper“, sondern „azione scenica“. Es ist ein leidenschaftlicher Appell gegen Rassismus, Intoleranz, Unterdrückung und die Verletzung der Menschenwürde. Ingo Metzmacher, für den Nonos „Werk und sein Vermächtnis so etwas wie ein Leitstern“ sind, gilt als der profundeste Kenner seiner Werke. Er hat hier schon Nonos Prometeo (1993) und die Oper Al gran sole – carico d’amore (2009) dirigiert.
Für Regie, Bühne, Choreographie und Video zeichnet Jan Lauwers verantwortlich, der zuletzt bei den Festspielen 2018 Monteverdis L’incoronazione di Poppea inszenierte. Er kombiniert Solotänzer seiner Needcompany mit Tänzern und Tänzerinnen vom Salzburger Bodhi Project und SEAD. Die Hauptrollen singen Sean Panikkar, Sarah Maria Sun und Anna Maria Chiuri.
Die Produktion der Pfingstfestspiele gibt’s natürlich auch im Sommer: eine szenische Fassung von Händels Oratorium Il trionfo del Tempo e del Disinganno. Es geht um die Gefühle, Gedanken und das Handeln von vier allegorischer Figuren: der Schönheit, gesungen von Mélissa Petit, dem Vergnügen (Cecilia Bartoli), der Enttäuschung (Lawrence Zazzo) und der Zeit (Charles Workman). Robert Carsen ist der Regisseur, Gianluca Capuano leitet Les Musiciens du Prince-Monaco. Premiere ist am 4. August im Haus für Mozart. Puccinis Tosca (ab 21. August im Programm) ist eine Übernahme von den Osterfestspielen. Michael Sturminger führt Regie, Marco Armiliato übernimmt die musikalische Leitung (mit den Wiener Philharmonikern). Anna Netrebko ist Tosca, Yusif Eyvazov Cavaradossi und Ludovic Tézier Scarpia.
Konzertant wird am 13. August die einaktige Oper Neither (1977) von Morton Feldman gegeben, 1977 auf ein Gedicht von Samuel Beckett geschrieben. Das Werk wird mit Feldmans String Quartet and Orchestra von 1973 verbunden, gespielt vom. Ilan Volkov dirigiert das RSO Wien und das Minguet Quartett. Sarah Aristidou übernimmt die Sopran-Partie und gibt damit ihr Debut bei den Salzburger Festspielen.
Und schließlich La Damnation de Faust von Hector Berlioz mit Elīna Garanča (Marguerite), Charles Castronovo (Faust) und Ildar Abdrazakov (Méphistophélès). Alain Altinoglu dirigiert die Wiener Philharmoniker. Berlioz bezeichnete das Werk übrigens zuerst als „opéra de concert“ und hatte gar keine szenische Umsetzung im Sinn. Fast ein Stück Werktreue also am 22. August im Großen Festspielhaus. (PSF/dpk-krie)