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Liebe reicht nicht bis in die Unendlichkeit

INTERVIEW / VERENA ALTENBERGER

nächsten Jahr die Buhlschaft im Jedermann spielen und damit ihr Festspieldebüt geben wollte. Nach dem grandiosen Film Die beste aller Welten ist die Film-Welt von Verena Altenberger eine noch viel, viel bessere geworden. - Die gebürtige Salzburgerin im Gespräch.

In Theaterkreisen heißt es, die Buhlschaft sei die größte kleinste Rolle – sie besteht „nur“ aus dreißig Sätzen. Was macht den Reiz dieser Figur für Sie aus?

Verena Altenberger: Mir ist das herzlich egal, ob eine Rolle stundenlang an der Rampe monologisiert, ob sie zwei Minuten auf einem Bildschirm auftaucht oder einen epochalen Kinofilm trägt. Durch intensive Vorbereitung und durch Einfühlen werde ich zur Expertin für eine Rolle, sie wird mein absoluter Mittelpunkt. Und als diesen trage ich sie in ihre Welt, in die Inszenierung, in der sie zu leben anfängt und mehr oder weniger Raum einnimmt. Die Buhlschaft zu spielen und damit auch den magischen Festspielsommer in Salzburg direkt in dessen Epizentrum zu erleben, ist ein Kindheitstraum von mir. Und der geht jetzt in Erfüllung – das macht einen großen Teil des Reizes für mich aus.

Oft wird die Buhlschaft hauptsächlich mit Sinnlichkeit, Verführung und Erotik assoziiert. – Was assoziieren Sie mit der Rolle?

Verena Altenberger: Mich interessiert das emanzipatorische Erwachen dieser jungen Frau. Ich meine, da ist eine Frau, die ihren Partner liebt, oder zumindest das empfindet, was sie als Liebe bezeichnet. Und dann merkt diese Frau – Hoppla – meine Liebe reicht anscheinend nicht bis in die Unendlichkeit. Ist es dann Liebe? Und wenn es nicht die reine und wahre Liebe ist, zu der der Mensch fähig ist – wodurch wird sie getrübt? Wo bestehen Machtverhältnisse zwischen den Partnern? Und sind es womöglich diese Machtgefälle, die eine Liebe auf Augenhöhe unmöglich machen? Mich interessiert auch, wie es – nachdem der Bruch stattgefunden hat – für die junge Frau weitergeht: Hat sie die Chance sich jetzt neu zu erfinden, sich überhaupt zu finden, unabhängig von einem Mann, als eigenständiges Individuum; was möchte sie jetzt? Leidet sie nun Qualen ohne ihren Mann oder wird sie jetzt Vorstandschefin oder passiert beides gleichzeitig?
Und natürlich assoziiere ich auch die Erotik und die Verführung mit der Buhle, aber ich lese sie womöglich etwas anders. Vorausgesetzt, wir denken ein Machtgefälle – der Mann ist etwas älter als sie, reicher, mehr angekommen in der Gesellschaft. Sie fühlt sich ihm vielleicht auch intellektuell unterlegen – da bleibt der Frau die Verführung als jener Bereich, in dem sie dem Mann ebenbürtig ist, in dem sie es mit ihm aufnehmen kann, in dem sie ihn womöglich überragt.

Wenn Sie sich die bisherigen Buhlschaften anschauen, gibt es eine, die Sie besonders mögen, die Sie inspiriert?

Verena Altenberger: Einige. Ich schaue mir auch gerade viele ältere Aufzeichnungen an, die ich nicht live sehen konnte, und bin gespannt, was ich noch alles entdecke.

Ihr Jedermann wird von Lars Eidinger gespielt, mit dem Sie ja bereits gedreht haben. Nun geht es vom Film gemeinsam auf die Bühne – wie groß ist die Vorfreude?

Verena Altenberger: Ich freue mich sehr auf die Zusammenarbeit mit Lars! Er ist ein Kollege, der viel Energie gibt und der ganz offen auf das Spiel eingeht. Ich freue mich auf die Probenzeit. Bei unserem gemeinsamen Dreh hatten wir natürlich viel weniger Zeit, um zusammen etwas zu erfinden, diesen gemeinsamen Proben-„Luxus“ gibt es nur am Theater – und darauf freue ich mich besonders.

Welche Inszenierungen des Jedermann haben Sie gesehen?

Verena Altenberger: Ich kann es Ihnen anhand der Buhlschaften, die ich gesehen habe, beantworten: Veronica Ferres, Marie Bäumer, Sophie von Kessel und Brigitte Hobmeier.

Was erwarten Sie sich von der Zusammenarbeit mit dem Regisseur Michael Sturminger?

Verena Altenberger: Eine Zusammenarbeit, die sehr von gegenseitigem Interesse geprägt ist und die bestimmt einige Überraschungen bereithalten wird.

Sie werden im Sommer auf dem Domplatz spielen. Ist das eine neue Erfahrung für Sie unter freiem Himmel zu spielen und muss man sich – auch stimmlich – besonders vorbereiten?

Verena Altenberger: Ja, es ist das erste Mal, dass ich unter freiem Himmel spielen werde – ich bin gespannt auf die genauen Gegebenheiten und werde mich natürlich entsprechend vorbereiten.

Was denken Sie, weshalb der Jedermann über ein Jahrhundert hinweg so erfolgreich aufgeführt wird? Ist es ein zeitgemäßes Stück?

Verena Altenberger: Der Jedermann ist für mich ein Stück, das gerade in Salzburg mit der Stadt und ihren Menschen verwoben ist. Das Stück ist ein Teil der Salzburger DNA und insofern nicht wegzudenken. Und dass Kapitalismus nicht die Antwort ist, dass wir gehen, wie wir gekommen sind – wie könnte das nicht zeitgemäß sein? Um das Stück vollends in unsere heutige Zeit zu holen und noch universeller zu gestalten, müsste vielleicht noch gegendert werden. Ich meine keine Umbenennung des Titels, aber vielleicht ist es irgendwann – wie bei den anderen Rollen jetzt schon – egal, ob Jedermann und Buhle Frau oder Mann sind. (PSF)

Bilder: Salzburger Festspiele / Teresa Marenzi (1); Chris Singer (1)
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