263 Millionen - und sehen wird man gar nichts
SANIERUNG UND ERWEITERUNG DER FESTSPIELHÄUSER
05/10/20 10.300 Quadratmeter mehr Raum besonders für die Festspiel-Werkstätten. Und das im Festspielbezirk. „Vorne geht nichts. Links und rechts geht nichts. Nach oben geht auch kaum etwas wegen der Weltkulturerbe-Auflagen. Da kann man nur in den Berg gehen.“
Von Heidemarie Klabacher
Es wird ein Jahrhundertprojekt. „Die Gründung der Salzburger Festspiele vor hundert und der Bau des Großen Festspielhauses vor sechzig Jahren waren von der gleichen Tragweite und von der gleichen utopischen Weitsicht, wie der Beschluss zu einer so wesentlichen Investition in die Zukunft“, sagte Festspielintendant Markus Hinterhäuser.
Die Generalsanierung der Festspielhäuser und die Erweiterung der Werkstätten ist ein Großprojekt auf zehn Jahre, investiert werden 262,8 Millionen Euro. Bund, Land und Stadt Salzburg teilen die Kosten im Verhältnis 40:30:30.
Die berühmte „Stark-Regen-Dusche“ 2018 durchs Dach während eines Konzerts von Grigory Sokolov im Großen Festspielhaus (besonders getroffen hat es die 7. Reihe) war nur die Spitze des Eisbergs, so Festspiel-Präsidentin Helga Rabl-Stadler heute Montag (5.10.) bei einem Pressegespräch. Das Große Festspielhaus gehe „dem Ende seines Lebenszyklus entgegen“. Und gerade das „Große Haus“ wird ja nicht nur von den Festspielen bespielt, sondern etwa auch von der Kulturvereinigung, dem Salzburger Adventsingen oder der Mozartwoche, erinnerte die Präsidentin.
Erste Probleme wurden bereits vor 15 Jahren virulent, als der Brandschutz untersucht wurde. Inzwischen gehe es längst um die „Spiel- und Zukunftsfähigkeit“ des Hauses. Zentral ist die Erneuerung der Bühnentechnik, die wie das gesamte Gebäude aus den Sechziger stammt. Auch die Bühnentechnik im grundsätzlich „neuen“ Haus für Mozart stammt noch aus den Siebzigern.
Er persönlich könne sich auch da und dort technisch „bescheidenere“ Inszenierungen vorstellen, so Intendant Markus Hinterhäuser. „Aber die Festspiele können nicht zurück.“ 240.000 aufgelegte Karten und Gäste aus achtzig Ländern wären es im heurigen Festspielsommer gewesen, hätte nicht die Pandemie ein reduziertes Programm erforderlich gemacht. Eine solche Ausstrahlung – „Es gibt weltweit nichts Vergleichbares“ – beinhalte auch die Verpflichtung, Künstlern wie Publikum, einen zeitgemäßen Rahmen zu bieten.
Werkstätten, Künstlergarderoben, teils auch der Zuschauerbereich entsprechen nicht mehr den Anforderungen von Mitarbeitern, Künstlern und Publikum. Nötig sind vor allem die Sanierung der Heiz- und Wärmetechnik, investiert wird Brandschutz und Barrierefreiheit, aber auch in Klima- und Arbeitnehmerschutz. Vor allem die Künstlergarderoben werden auf den Stand der Zeit gebracht. Eine der Künstlergarderoben, ein fensterloses Kammerl trage intern den Namen „Gefängniszelle“, illustrierte anschaulich Lukas Crepaz, der Kaufmännische Direktor der Festspiele.
Zweieinhalbjahre lang sei mit Hilfe von Experten und Spezialfirmen der Sanierungsbedarf erhoben, das Ergebnis von einer zweiten unabhängigen Firma überprüft worden, berichtete Crepaz. Entschieden habe man sich für „zeitgemäße effiziente Funktionalität“ ohne Platz für „Orchideenprojekte“.
Von einer Auslagerung der Werkstätten an den Stadtrand sei man abgekommen: „Es hätte gleich viel gekostet und große Nachteile gebracht, vor allem viel Verkehr“, so Lukas Crepaz. Produktion und Aufführungen werden also weiterhin im Festspielbezirk konzentriert bleiben. Den dringend nötigen zusätzlichen Raum für die Werkstätten hat man IM Mönchsberg gefunden: Quasi parallel zum Festspielkomplex wird der künftige Werkstättentrakt rückwärts in den Berg geschlagen. Die Zufahrt soll über einen eigenen Tunnel, quasi parallel zum Neutor, führen. Altstadt-Transportfahrten werden also über die Bergrückseite erfolgen.
„Sehen wird man von dem Ganzen gar nichts“, betonte Lukas Crepaz: „Die geschützte architektonisch sensible Struktur der Altstadt bleibt unangetastet.“ Ab 2025 soll parallel zum Betrieb umgebaut werden, 2030 ist der Abschluss der Baumaßnahmen vorgesehen. Für den Generalplan wird 2021 ein Wettbewerb ausgeschrieben.
„3.000 Arbeitsplätze werden so in der Region gesichert, 140 Millionen Euro fließen als Steuern und Abgaben wieder zurück an die öffentliche Hand“, berichtete Landeshauptmann Wilfried Haslauer. Salzburgs Ziel sei es, „neben Wien das kulturelle Zentrum Österreichs mit Weltgeltung zu bleiben und diese Position noch mehr auszubauen“. Dass auch heuer Salzburger Festspiele durchgeführt wurden, sei eine Entscheidung von weitreichender Tragweite gewesen: „Damit haben wir nicht nur eine weltweit beachtete Vorreiterrolle als Veranstalter eingenommen, sondern ein unglaublich starkes Lebenszeichen für die Kultur, die Wirtschaft und letztlich für die gesamte Gesellschaft gesetzt.“
Von der Investition in die Festspielhäuser profitiere nicht nur der Kulturstandort Salzburg, sondern vor allem die lokale Wirtschaft vom Tourismus über den Handel bis hin zum Handwerk, letztlich das gesamte Land, betonte Haslauer: „Diese Großinvestition ist eine Investition in die Zukunft von ganz Salzburg und unsere Identität.“ Bürgermeister Harald Preuner sicherte dem Projekt die Unterstützung der Stadt Salzburg zu. Dieses werde nicht auf Kosten des Gesam-Kulturbudgets gehen, betonte Staatssekretärin Andrea Mayer. Die Bedeutung des Anlasses unterstreichen sollte die Anwesenheit von Bundeskanzler Sebastian Kurz und Vizekanzler Werner Kogler. „Eine Viertelstunde vor Salzburg“ hätten die Politiker erfahren, dass ein Mitarbeiter des Bundeskanzlers aktuell positiv auf Corona getestet worden sei. Aus Sicherheitsgründen hätten Kurz und Kogler von der Teilnahme an der Pressekonferenz abgesehen.