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Aus Cecilias Noten- und Kostümkoffer

FESTSPIELE / CANTO LIRICO / CECILIA BARTOLI

28/08/20 Koloraturen sprudelt sie sogar mit Zigarre im Mund – aber wir sind der Sache voraus, das war erst im wahrhaft spendabel angelegten Zugabenblock. Dort führte Cecilia Bartoli sogar vor, dass jazzelnde Summertime (Vocal und Naturtrompete!) in einer Barockarie Platz findet.

Von Reinhard Kriechbaum

Auf die Bühne im Haus für Mozart projiziert: der Zuschauerraum des Teatro San Carlo in Neapel. Für ein Bühnentier wie die Bartoli sind im Ernstfall zwei Theater in einem gerade genug. Bei ihr gelten andere Konfektionsgrößen, und die werden von einem stummen Diener prompt bereitgestellt, in einem Requisitenkoffer. Oft wird sie sich an diesem Donnerstag Nachmittag verkleiden und am Schminktisch Hand an sich legen, während der Instrumentalnummern des mit Verve an die Sache gehenden Originalklangensembles Les Musiciens du Prince-Monaco.

Gleich ein überlang-mächtiger Ton. Mit so etwas fingen einst Kastraten ihr Publikum ein, bevor sie die Koloraturen perlen ließen, und genau so macht's die Bartoli in einer Arie von Nicola Porpora. Der hat als Kastraten-Stimmlehrer seinen Schützlingen Musikfutter zuhauf gegeben. Porpora, Händel, Hasse – da waren Arien-Pretiosen sonder Zahl beisammen, bemerkenswert viel Langsames, Lyrisches. Nur ausnahmsweise Effekthascherisches. Für ausreichend Zunder sorgten ohnedies die Instrumentalisten (alles stilistisch und handwerklich absolut state of the art, was sie auf ihren Originalinstrumenten liefern).

Les Musiciens du Prince-Monaco sind sozusagen das Leiborchester der Bartoli, der umgang wirkt geraderzu familiär, nicht nur, wenn eine Dame aus dem Orchester ihre Geige weglegt und die Sängerin mit der Mandoline begleitet. Das besondere in dieser Programmzusammenstellung: Die Solobläser (Traversflöte, Oboe, Trompete) durften sich in Konzerten von Vivaldi und Telemann so recht austoben. Aber eigentlich herausgefordert wurden sie jeweils erst hinterher, wenn Cecilia Bartoli in den Arien sich mit ihnen anlegte. Was sie an geschmeidigen Läufen, an Trillern und anderem Zierrat rausschießt – da müssen sich die Instrumentalisten schon zusammenreißen.

Das wirkte aufs erste Hinhören höchst unterhaltsam, neckisch, frivol gar. In Wirklichkeit war dieses Programm aber keineswegs auf den bloßen Effekt aus. Es gab im Barock ja noch eine damals allen verständliche Rhetorik in der Musik. Egal ob gesungen oder gespielt, die Hörer wussten die jeweils eindeutigen Floskeln und ihren Ausdrucksgehalt zu deuten. What passion cannot Music raise and quell! Das ist eine Arie aus Händels Ode for St. Cecilia's Day, und genau dies war der – besinnliche – Zielpunkt von Cecilias Reise mitsamt Koffer mit musikalischen Barock-Kostümen. Um diesen Koffer zu packen, sind die Bartoli und der Dirigent Gianluca Capuano wohl eine gute Weile lang zusammengesessen. Die Programmfolge war nämlich inhaltlich fein verzahnt und stimmungsmäßig garniert mit erfindungsreichen instrumentalen Überleitungen (Cello, Cembalo, Theorbe). Da hat einfach alles nicht nur so nebeneinander gepasst, sondern ineinander gegriffen. Nicht bloße Arien-Schaustellerei - ein echtes Festspiel!

Bilder: Salzburger Festspiele / Marco Borrelli

 

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