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Singen in großen Architektur-Räumen

FESTSPIELE / HAGEN QUARTETT

27/08/20 Fast hätten wir das Wort „erwartungsgemäß“ in den Titel geschrieben. Am Mittwoch (26.8.) erwanderte das Hagen Quartett wieder einmal die Beethoven'schen Höhenzüge. Es wurde der zu erwartende Interpretations-Gipfelsturm. Aber es war dann doch mehr...

Von Reinhard Kriechbaum

In der bevorstehenden Konzertsaison feiert das Hagen Quartett sein vierzigjähriges Bestehen. Bei den Festspielen trat es seit 1984 das erste Mal auf, ist hier also seit über dreieinhalb Jahrzehnten gefragter Gast. Darf man da noch mit Überraschungen irgendwelcher Art rechnen?

Diesmal hat vielleicht denn doch die Leichtfüßigkeit besonders aufhorchen lassen – nicht Leichtgewichtigkeit, wohlgemerkt! Dass die späten Streichquartette viel Sperriges in sich tragen, verleitet ja nicht selten dazu, dass auch auf diese Musik eingeschworene Ensembles auf das Zeit- und Formsprengende dieser Musik noch eins draufzusetzen und also des Guten, des Ruppigen zu viel tun.

Nicht so die Hagens. Ja, klar lassen sie gleich in der eröffnenden Adagio-Fuge den vierten Ton expressiv herausstechen, aber das gerinnt im weiteren Satzverlauf nicht zum Stereotyp. Im gesamten Streichquartett Nr. 14 cis-Moll op. 131 schlüsseln sie wie selbstverständlich auf, dass sich die komplexesten Architekturen dieser sieben pausenlos ineinandergreifenden Sätze meist auf ein einziges Thema stützen, wie Beethoven also aus der Monothematik heraus komplexe Gebilde sich entwickelte. Eben weil Lukas, Veronika und Clemens Hagen sowie Rainer Schmidt über die Jahrzehnte so vertraut sind mit der Materie, kommen sie ganz ohne demonstrative Gesten aus. Den lyrischen Grundton verlassen sie kaum einmal, auch wenn der als Scherzo anzusehende Abschnitt (Beethoven vermied die Bezeichnung) zwar pikant daher kommt, aber eben in seiner potentiellen Klang-Feinheit ertastet (und diese eben launig umgemünzt) sein will.

Dann das B-Dur-Quartett op. 130 mit der Großen Fuge op. 133. Letztere vorbereitet durch einen Cavatina umschriebenen langsamen Satz, in dem das Hagen Quartett das Haus für Mozart zum denkbar intimsten Raum schrumpfen lässt: ein kleines Wunder konzentrierter Verinnerlichung, des Wegblendens von Publikum. Knisternde Spannung im Auditorium, die geradezu verlangt nach dem schneidenden Einstieg in die Große Fuge. Die hat man dieser Tage erst gehört bei den Festspielen, Daniel Barenboim hat sie mit den Streichern des West-Eastern Divan Orchestra in der großen Besetzung (sehr legitim für dieses Stück) hören lassen. Nachgerade verblüffend, dass die Hagens auf sehr ähnliche Lösungen kommen wie der Dirigent Barenboim. Ohne dem Stück etwas von seiner Sprengkraft zu nehmen, haben sie auch da die vielen Lyrismen herausgezeichnet.

Einer der wenigen Festspielabende heuer, die nicht aufgezeichnet wurden.

Bild: Salzburger Festspiele / Marco Borrelli

 

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