Hochriskiko-Tenöre
FESTSPIELE / GESUNDHET / KARTEN
09/06/20 „Wie sehr das Werk gelingen werde“, so Helga Rabl-Stadler, „hängt diesmal nicht nur von der Kunst ab, sondern auch davon, ob wir Maßstäbe setzen können zum Thema Gesundheit“. ALLE Festspiel-Beteiligten werden in drei Risiko-Gruppen geteilt. Ein hochkarätiger Präventions-Beirat wurde einberufen. Von der strategischen Konsequenz der Festspiele kann die Regierung lernen.
Von Heidemarie Klabacher
Es ist ein wenig, wie im Sport. Die Roten. Die Orangen. Die Gelben. Alle Personen – ob Tenor oder Techniker, Sopran oder Spengler – gehören einer der drei Gruppen an. „Bühnenakteure, die die Abstandsregeln nicht einhalten können und keinen Mund-Nasen-Schutz tragen können“, gehören in die „Rote Gruppe“. Sie werden regelmäßig einmal pro Woche mittels Rachenabstrich getestet und führen ein Gesundheitstagebuch. In die „Orange Gruppe“ gehören Künstlerinnen und Künstler, die „prinzipiell Abstandhalten können“, auch Orchestermusiker fallen darunter, sowie „Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Kontakt zur roten Gruppe, die MundNasenSchutz tragen können“. Zur „Gelben Gruppe“ zählen alle, die immer die Abstandsregeln einhalten können. Getestet werden alle: Verpflichtend sind „Initialtestung und Vorlage eines Attests für alle Künstlerinnen und Künstler sowie temporäre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Aufnahme der Tätigkeit (nicht älter als 4 Tage)“.
Nicht nur bei den Künstlerinnen und Künstlern legen die Festspiele die Latte hoch. Jedenfalls tun sie - aus Eigenverantwortung - weit mehr als derzeit gesetzlich vorgeschrieben. Einen hochkarätigen medizinischen Expertenbeirat hat nicht jedes Festival. Ihm gehören an: Uta Hoppe - Vorstand Universitätsklinik für Innere Medizin II der PMU, Kardiologie und internistische Intensivmedizin. Michael Studnicka - Vorstand Pneumologie des Universitätsklinikum Salzburg. Markus Hell - Facharzt für klinische Mikrobiologie und Hygiene vom Medilab Salzburg. Bodo Kirchner – Facharzt für Innere Medizin, Hygienebeauftragter Arzt des Unfallkrankenhauses Salzburg sowie Obmann des Vereins der Theater- und Festspielärzte. Und Josef Schlömicher-Thier – Facharzt für HNO und Arbeitsmediziner der Salzburger Festspiele. In diesem breit aufgestellten Beirat seien alle Fachrichtungen vertreten, die für die Corona-Krise relevant seien, erklärt Lukas Crepaz, der Kaufmännische Direktor der Festspiele.
Für das Publikum bedeutet das Sicherheitskonzept: Es wird keine Pausen und generell keine Bewirtung geben, „da die Kontrolle von Warteschlangen vor Buffet und Toilette sehr schwierig wäre“. Die neu aufgelegten Karten werden personalisiert mit Namen und Telefonnummer, „um den Behörden ein schnelles Contact Tracing zu ermöglichen“. Selbstverständlich ist diese Maßnahme schon mit dem Datenschutz abgesprochen. Zudem müssen die Gäste bei Ticketkontrolle einen Ausweis unaufgefordert vorweisen. Es habe deswegen noch keine Beschwerden gebeben, im Gegenteil, „unser Publikum schätzt, dass wir diese Maßnahmen setzen“, betont Crepaz. Weitere Maßnahmen, wie Abstandsregeln oder Sitzplätze im Schachbrettmuster, folgen den bekannten Vorgaben.
Das Kartenbüro der Festspiele leistet dieser Tage wohl Übermenschliches: Alle Karten, die im Umlauf waren, gelten nicht mehr. Das Team hatte „Rückabwicklungen“ um 1,3 Millionen Euro zu stemmen. Nun werden „Käufe wieder in Bestellungen“ verwandelt, erklärt Christoph Engel, der Leiter des Kartenbüros. Ein Algorithmus verteile die vorhandenen 80.000 Karten auf die bisherigen Kunden, prüfe, was zu den einzelnen Kunden passen könnte und mache Vorschläge aus dem modifizierten Progamm: „Aber der Computer weiß natürlich nichts über die Vorlieben unserer Stammgäste.“ Derzeit ist es jedenfalls nicht möglich Karten zu bestellen. Zunächst bekommen „die Kundinnen und Kunden, die Karten bestellt hatten, ein Angebot“. Was bis dahin an Karten bleibt, kommt in den freien Verkauf, der erst am 13. Juli beginnt.