Zum 20-Jahre-Jubiläum
FESTSPIELE / WETST-EASTERN DIVAN ORCHESTRA
15/08/19 Vorstellen muss man weder das Projekt noch die Protagonisten: 1999, also vor zwanzig Jahren, haben Daniel Barenboim und der mittlerweile verstorbene Edward Said das West-Eastern Divan Orchestra gegründet. Sie sind längst Stammgäste im Festspielsommer.
Von Helmut Christian Mayer
Was als bloßer Versuch, Vorurteile, die auf politischer Ebene über Jahrzehnte nicht überwunden werden können, zumindest auf musikalischer Ebene zu überwinden, vor vielen Jahren begann, ist längst zur Institution geworden. Es geht längst nicht mehr darum, dass israelische und arabische Musiker gemeinsam ohne Friktionen musizieren können. Das Orchester ist rechtens jenen Maßstäben zu messen, die man an professionelle Orchester anlegt.
Das bestätigte sich im jüngsten Konzert im ausverkauften Großen Festspielhaus mit der Unvollendeten, Franz Schuberts Sinfonie Nr. 7 h-Moll: Barenboim ließ die toll disponierten Musiker – vor allem die Stimmführer bei den Holzbläsern glänzten den gesamten Abend hindurch – mit breiteren Tempi, feinsten Piani, nuancenreich und aufregend musizieren.
Nicht anders im Konzert für Orchester von Witold Lutoslawski, das als krönender Abschluss der folkloristisch orientierten Schaffensperiode des polnischen Komponisten gilt. Die volkstümlichen Wendungen, die tänzerischen Rhythmen, die effektvollen Bläserchoräle sind gepaart mit barocken Formen und atonalen Elementen bis zum Klanggeräusch. Es gelang den spielfreudig und sehr lebendig agierenden Musikern, diese Vorgaben in prunkende Couleurs zu tauchen und die Rarität des polnischen Komponisten packend und effektvoll darzustellen.
Martha Argerich verbindet eine lebenslange Freundschaft mit dem Dirigenten. Beide sind in Buenos Aires geboren. Musiziert wurde ein populäres Gustostückerl der Pianistenliteratur, das Klavierkonzert Nr. 1 b-Moll von Peter Iljitsch Tschaikowsky. Argerich wusste dabei die eingängige Melodik und das slawische Kolorit des Zugstückes für Virtuosen mit exzellenter Technik, großer Leichtigkeit und Innigkeit des romantischen Ausdrucks wunderbar hervorzuheben. Die argentinische Pianistin zauberte neben energischen, aber auch wunderbar leichtfüßige, zarte Töne wie im Largo aus dem Flügel. Ihre Griffsicherheit war perfekt, die Läufe perlten herrlich. Ausgewogen war das bunte Wechselspiel mit dem Orchester unter Barenboim.
Für die Zugabe setzte sich auch Barenboim ans Klavier, vierhändig spielten sie das Rondo A-Dur von Franz Schubert, wobei Barenboims Sohn und Konzertmeister Michael als Notenumblätterer fungierte. Standing Ovations, was sonst?