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Zurück zu den Wurzeln

FESTSPIELE / CAMERATA SALZBURG / NORRINGTON

12/09/19 21 Jahre ist es her, das Festspieldebüt von Sir Roger Norrington, mit Werken von Mozart und Strawinsky. Der damalige Chef der Camerata Salzburg wählte auch diesmal Werke dieser beiden Komponisten, und dazu frönte er der typisch Briten-eigenen Vorliebe für Joseph Haydn.

Von Horst Reischenböck

Der mittlerweile nun 85jährige Ehrendirigent des Orchesters thronte erneut über den breit aufgefächerten Streichern der Camerata, die deren Bläser beidseitig stehend flankierten. So ging‘s vorerst einmal vollmundig und klang-prächtig in die Mozarts Idomeneo abschließende Ballettmusik KV 367 hinein. Für die nahm sich Wolfgang Amadé unzweifelhaft Christoph Willibald Glucks Orfeo ed Euridice und dessen Chaconne-Thema (dort allerdings im 3/4-Takt) zum Vorbild.

Einmal mehr bewies die Camerata Salzburg ihre bedingungslose Anpassungsfähigkeit, verficht doch Norrington gegenüber Musik, zumindest bis in die Anfänge des vergangenen Jahrhunderts hinein, kompromisslos ein Spiel ohne jegliches Vibrato. Damit ist er übrigens nicht nur in eigenen Reihen umstritten, sondern steht eigentlich auch diametral zu Leopold Mozarts Anweisungen in dessen interpretatorischem Leitfaden Versuch einer gründlichen Violinschule, aus der ja bekanntlich auch der Sohn entsprechendes Wissen bezog.

Igor Strawinsky gegenüber verhielt sich Sir Roger im Anschluss daran weniger „päpstlich“ und gestattete sowohl der Konzertmeisterin wie dem Solo-Cellisten mehr an klanglich gestalterischen Freiheiten. Ging es doch um das Ballett Apollon musagète in seiner Zweitgestalt. Das Stück hat der Komponist nach dem Zweiten Weltkrieg mutmaßlich nicht zuletzt deswegen einer Bearbeitung unterzogen, um dem Verlust an Tantiemen vorzubeugen.

Norrington animierte die Streicher der Camerata mit spärlichen Gesten in allen Teilen zu samt und sonders süffig differenziertem Spiel. Damals war Vibrato längst weltweit in allen Orchestern gebräuchlich und wurde auch vom Komponisten als Interpret in eigener Sache praktiziert. Wirkungsvoll, mit vollem Einsatz, gestaltete man die vornehmlich neo-klassizistisch angehaucht „weißen Klänge“, die Strawinsky, ohne verstörende Dissonanzen, dem mediterranen Ansatz der zugrunde liegenden Handlung einschrieb.

Dann zurück ins 18. Jahrhundert: Joseph Haydns sinfonisches Opus ultimum, die letzte seines vollen Dutzends für London geschaffener Sinfonien in D-Dur Hob. I:104, bot der Camerata Salzburg erneut jedwede Möglichkeit, tönendes Potenzial auszubreiten, angefangen bei den rhythmisch akzentuiert und entsprechend bedeutungsschwer genommenen Tutti-Akkorden des eröffnenden Adagio. Das Ende des anschließenden Allegro bekundete Norrington dem Auditorium wie ein Schelm durch Drehen auf dem Bürostuhl und provozierte schon damit spontanen Beifall. Spielerisch tänzelnd steuerte er danach das willig mitstreitende Orchester durch‘s nachfolgende Andante samt seinen aufrüttelnden, von Naturtrompeten und Pauken bestimmten Ausbrüchen. Dem Trio des Menuetts – so zügig ist es weit mehr Scherzo – gestattete Norrington Ritardandi, und schließlich stürmten alle auf dem Podium im Großen Saal des Mozarteums durchs geistvolle Finale.

Bilder: SF / Marco Borrelli

 

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