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Anfänge und Schlusspunkte

MOZART-MATINEE / ANDREW MANZE

11/08/19 Andrew Manze ist dieser Tage vielbeschäftigter Sachwalter des Genius loci. Präsentierte er jüngst eben erst die neu edierte c-Moll-Messe, so leitete er am Wochenende (10./11.8.) das Mozarteumorchester. Ihm zur Seite der Pianist Francesco Piemontesi.

Von Horst Reischenböck

Gibt‘s an einem derartig bekannten Kleinod wie der mittleren der drei sogenannten „Salzburger Symphonien“, dem reinen, auch kammermusikalisch ausführbaren B-Dur-Streicher-Divertimento KV 137 (125b) überhaupt noch Neues, bislang so nicht Interpretiertes zu entdecken? Für das Mozarteumorchester kam logischerweise nur eine chorische Besetzung in Frage, von Konzertmeister Frank Stadler angeführt acht erste Geigen bis zu drei Kontrabässen. Dynamisch fein abschattiert begannen sie das duftige Andante, fachten mit Schwung das arste Allegro an und stürmten durch das zweite, voll tänzerischem Elan.

Der Entstehungsgrund dieses Stücks ist nicht so genau bekannt: Alfred Einstein glaubte noch, es sei „auf Vorrat“ für eine weitere Italienreise komponiert worden. Mozart könnte es aber auch geschrieben haben, um dem selbst geigenden neuen Fürsterzbischof Colloredo zu gefallen.

Mozarts letztem Klavierkonzert in B-Dur KV 595 wird retrospektiv gern Abschiedsstimmung angedichtet wird. Francesco Piemontesi, vor zwölf Jahren Preisträger des Concours Reine Elisabeth, fand für sich einen anderen, nicht weniger plausiblen Zugang. Resignierenden Gedanken zum Trotz ließ er sich im Kopfsatz nach gezielten Ritardandi immer wieder bewusst in musikalische Phrasen gleichsam „hinein fallen“ und trillerte vom Steinway aus auch mit der perfekten Holzbläsergruppe gezielt um die Wette. Zusammen mit Manze, mit dem Piemontesi bereits Mozart-Konzerte auf CD aufgenommen hat, sang er sich dann durch das lyrische Larghetto. Selbst dem Finale, dem sonst gern schwermütige Gedanken nachgesagt werden, wusste der Solist spritzige, ja fast übermütige Züge abzugewinnen. Anhaltende begeisterung der Zuhörer am Samstag, auf das nachgelieferte Schubert-Moment Musicaux wäre in diesem Zusammenhang leichten Herzens zu verzichten gewesen.

Nach der Pause steigerte Andrew Manze sukzessive die der „großen“ g-Moll-Sinfonie KV 550 innewohnende kommende Tragik, in einem fortschreitenden Sog, von Satz zu Satz bis in letzte dramatische Ausbrüche hinein, gezielt durch Generalpausen gegliedert und akzentuiert von den beiden exzellent geblasenen Naturhörnern. Manze wählte die Fassung mit den nachträglich eingefügten Klarinetten, so wie sie damals mutmaßlich Zeitgenosse Antonio Salieri aufgeführt haben mag. Manze stach auf dem Podium des Großen Saals im Mozarteum mit groß-bogiger Zeichengebung gelegentlich mit dem Taktstock förmlich ins ihm willig folgenden Orchester hinein und mobilisierte gleichsam dessen letzte Mozart-Reserven zu einem emotional bestürzenden, das Auditorium packenden, wirkungsvollen Fresko. Bei manchen Hörern im Parkett, die ohne Applaus offenbar bereits wartende Fleischtöpfe zu Mittag sofort ansteuern mussten, fand es offenbar leider keinen Widerhall.

Bilder: SF / Marco Borrelli

 

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