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Keine Bagatellen, diese Bagatellen

FESTSPIELE / GRIGORY SOKOLOV

02/08/19 Im Jahr 2001 kam er laut Archiv erstmals nach Salzburg. Mit Couperin, Mozart und César Franc recht mutig für einen Debütanten. Seit 2007 ist Grigory Sokolov regelmäßig zu Gast,  mit einem Aussetzer 2012 im ersten Jahr der Intendanz Pereira. Seither bewegen und begeistern Jahr für Jahr die Begegnungen mit dem statuarisch auftretenden und automatenhaft knapp sich verbeugenden Meister.

Von Heidemarie Klabacher

Solistenkonzerrte mit Grigory Sokolov sind Begegnungen in den lichten Höhen der Vollendung. Entwicklung künstlerischen Ausdrucks muss im beinah luftleeren Raum nicht mehr diagnostiziert werden. Im Sakralraum steht die Luft auch manchmal still. Ob Sokolov nun Skrabin spielt wie 2007, Chopin wie 2014 oder immer wieder Bach, Mozart, Schubert oder Schumann: Es gibt nichts mehr zu feilen, es gilt höchstens, da und dort, eine andere Stelle zu polieren, damit das Licht jeweils andere Facetten aufstrahlen lassen und zurückwerfen kann.

Die vielfarbigen Funken, die Sokolov – wir sind nun beim Konzert am Donnerstag (1.8.) im Großen Festspielhaus – aus den Elf neuen Bagatellen op. 119 von Ludwig van Beethoven zu schlagen wusste, waren freilich so zündend, wie eine Feuerwerks-Batterie mit elf unterschiedlichen Effektzellen voll frischen Schwarzpulvers. Nix Sakralraum! Vielschichtige Welten wusste Sokolov mit jeder einzelnen dieser teils wirklich kurzen Miniaturen zu erschließen. Liedhaft, bockig, trillernd (auch technische Überlegungen scheinen hinter einzelnen Bagatellen zu stehen, die dennoch keine Etüden sind), harmonisch schlicht oder regenbogenfarben – und die ganze Bandbreite menschlicher Emotion jeweils unter der knappen Oberfläche.

Beethovens frühe Sonate für Klavier Nr. 3 C-Dur op. 2/3 – monumental in der Anlage aber bis auf die markanten Ausbrüche im Adagio wenig tief im Gehalt – war tatsächlich eine Art liturgischer Übung. Da hilft auch ein Sokolov nicht wirklich. Umso gehaltvoller war der Höhepunkt des Programms. Mit Johannes Brahms Klavierstücken op. 118 und op. 119 gilt es – für Interpret und Zuhörer – ein Maxium an Ausdruck und Tiefe herauszuholen aus einem scheinbaren Minimum an Bewegung, Abwechslung und Farbe. (Drum werden sie auch kaum einmal gespielt.) Die meisten heißen Intermezzo, einige auch Ballade oder Romanze. Intermezzo wo zwischen? Zwischen den kurzen Momenten zum Atemholen, bevor Grigory Sokolov in den nächsten Mikrokosmos höchter Intensität und Spannung abtaucht.

Herrlich bunt und wie üblich eine weitere Konzerthälfte füllend Grigory Sokolovs Zugabenblock: Schuberts zweites der Vier Impromptus D 935. Chopins Mazurka h-Moll op. 30 Nr. 2. Rameaus Les Sauvages. Noch ein Brahms, das Intermezzo op. 117/2. Rachmaninovs Prélude op. 32 Nr. 2 und Schuberts Allegretto D 915 c-Moll. Was will man mehr? Wieder Sokolov.

Bild: SF / Marco Borrelli

 

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