Im Farbenspiel des Klangs
FESTSPIELE / ZEIT MIT DUSAPIN
26/07/19 Zeit mit... Furrer, Ustwolskaja und Schostakowitsch schenkten die zwei ersten Jahre der Intendanz Hinteräuser. Heuer gelten die zwei Zeit mit-Zyklen dem rumänischen Spätromantiker George Enescu und dem französischen Solitär Pascal Dusapin. Eröffnet wurde in der Kollegienkirche mit Vokalmusik des französischen Klangmeisters.
Von Heidemarie Klabacher
Pascal Dusapin Jahrgang 1955, saß ein Jahr lang Oliver Messiaen und vier Jahre lang Iannis Xenakis zu Füßen. Der Student Duspain interessierte sich für Mathematik und Architektur ebenso, wie – bis heute – für Literatur. Sein Stil habe denn auch einen „literarischen Gestus“, sagt der Komponist, der sich als „Musikschriftsteller“ bezeichnet und keinen Unterschied mehr mache, „zwischen einem Komponieren für Stimme oder für Instrumente“.
Diese enge Verbindung zum Text spiegeln die acapella Vokalwerke, mit denen in der Kollegienkirche der Zyklus Zeit mit Dusapin eröffnet wurde. Granum sinapis – Senfkorn – ist eine spätmittelalterliche Gotteslehre gedichtet von Meister Eckhart und vertont im Mittelhochdeutschen Original von Pascal Dusapin. Wie schon der Text das Geheimnis in schwebende Metaphern fasst, übersetzt die Komposition die Bilder in ebenso frei schwebende, sich keinem Tonsystem und schon gar keiner „Schule“ verpflichtet fühlende Klänge.
Dennoch finden sich konkrete Lautmalereien, wie etwa eine Art langsamer Triller zwischen drei Tönen auf die Textzeile „Die drei sind eins“. Es geht ja um Trinität. Faszinierend, ein so abstraktes Thema in so zeitlos modernem und zugleich klangsinnlichem Gewande.
Der französische Choeur accentus unter der Leitung von Laurence Equilbey betörte innerhalb eines Chorklanges wie aus reinem Licht mit präziser Textbehandlung und glasklaren Linien. Das gilt ebenso für das kurze Stück Umbra mortis. Im Stück Dona eis vermischt der Komponist Textschnipsel aus dem lateinichen Requiem mit der gesprochenen Schluss-Szene der Oper (!) Roméo et Juliette: Hier war das œnm . österreichisches ensemble für neue musik dem Choeur accentus der vom Komponisten gleichberechtigt behandelte Partner im Schildern von Aufbegehren und Ergebung.
Eröffnet haben den Abend die Camerata Salzburg und die Solisten Clemens Hagen (Cello) und Stefan Hussong (Bajan) mit Sofia Gubaidulinas Sieben Worte für Violoncello, Bajan und Streicher.
Auch in diesem Meisterwerk, das keine Vertonung oder auch klangmalerische Umsetzung der Jesus-Worte („Vater vergib ihnen...“ „Mich dürstet.“ „Es ist vollbracht.“) sein will, wechseln Passagen dramatischen Aufbegehrens und stiller Ergebung einander ab: Virtuos umgesetzt wurde dies sowohl innerhalb der Solo- als auch der Orchesterpassagen. Der zentrale Satz Mein Gott, warum hast du mich verlassen war in Klang geballte Energie.