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Zu schön, um wahr zu sein…

FESTSPIELE / WEST-EASTERN DIVAN ORCHESTRA / BARENBOIM

17/08/18 „… obwohl ich niemals zurückgekehrt bin, kehrt Palästina zu mir zurück…“ Die Sopranistin ist das alter ego der Autorin Najla Said, deren Vater Edward W. Said im Jahr 1999 zusammen mit Daniel Barenboim das West-Eastern Divan Orchestra gegründet hat.

Von Heidemarie Klabacher

Geboren in Boston, bezeichnet Najla Said sich selbst als „eine palästinensisch-libanesisch-amerikanische Christin, aber als Jüdin in New York aufgewachsen“. Ihr Einpersonenstück Palestine, 2010 am Broadway neun Wochen lang ausverkauft, legte der englische Komponist David Robert Coleman seiner musikdramatischen Miniatur „Looking for Palestine“ zugrunde.

Autorin und Komponist schildern politisch bewusst „neutral“ die Erschütterung einer Ich-Erzählerin, die aus der Idylle eines Badeurlaubs „too good to be true“ heraus und in die Schrecken des Krieges hinein gerissen wird. Die Wiederkehr ins Land der Eltern, der Eindruck eines gefundenen Paradieses – das war eben zu schön um wahr zu sein.

Der Komponist des gut halbstündigen Monodramas ist um Distanz zu jeglicher Kriegs-Malerei bemüht. Er setzt auf den Wechsel von gesprochenen, rezitierten und nur wenigen gesungenen Passagen, die die Sopranistin Elsa Dreisig brillant realisiert hat. Die arabische Laute Oud, elektronisch verstärkt gegenüber dem vollen Orchester, bringt spannende Klangfarben ohne folkloristische Note. Eine kleine, aber wichtige und vom Publikum jubelnd befürwortete Feierstunde. „Looking for Palestine“ ist ein Auftragswerk der Daniel-Barenboim-Stiftung. Vor wenigen Tagen wurde es im dänischen Aarhus uraufgeführt und war dieser Tage auch bei den BBC Proms zu hören.

Deutlich größer dimensioniert: Anton Bruckners Symphonie Nr. 9 d-Moll WAB 109, deren ersten Satz Barenboim wie die Untermalung für einen Mount Everest-Film jener Art anlegte, an dessen Ende der Alpinist seinen Gott geschaut und trotzdem überlebt haben wird.

Die hervorragenden Bläser des West-Eastern Divan Orchestra und die brillanten Streicher, deren Klang von Jahr zu Jahr fokussierter und strahlender wird, ließen sich von Daniel Barenboim bereitwillig auf diese Monumental-Wanderung führen. Das Thema im dritten Satz ließ der Barenboim aufblühen, wie ein alternatives Gralsmotiv nach erfolgreicher Eroberung von Montsalvat. Allfällige Abgründe, wie die berühmte Generalpause, wurden mit nur ganz wenig Schreck ebenso feierlich bewältigt. Aufregend wild und angriffig, geradezu widerborstig, stampfte und fegte das Scherzo alles nieder, was da vielleicht guten Willens war.

Bilder: Salzburger Festspiele / Marco Borrelli

 

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