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Nichts nach Schema F

FESTSPIELE / SOLISTENKONZERT ANDRÁS SCHIFF (2)

17/08/18 Von wegen „wohltemperiert“: Ein Steinway, wie ihn András Schiff nun für seine beiden Abende mit dem „Wohltemperierten Klavier“ gewählt hat, war damals nicht nur als Instrument noch nicht erfunden. Auch was die „Temperatur“, also die Stimmung anlangte, hat man sich damals noch die Köpfe zerbrochen.

Von Reinhard Kriechbaum

Es ging in der Bach-Zeit noch darum, das Ohr möglichst wenig zu beleidigen, auch wenn die Tonarten viele Vorzeichen hatten. Es sollten also Kompromisse in der Reinheit der Stimmung geschlossen werden, aber die Tonarten-Charakteristiken nicht aufgegeben werden.

Darum geht es im „Wohltemperierten Klavier“, und eben das sind die Chancen, wenn sich jetzt ein Pianist mit diesen Präludien und Fugen auseinander setzt. András Schiff holt im F-Dur-Präludium die Melodie quasi aus dem Nichts herbei und zaubert in Folge eine kleine „Pastorale“. Das funktioniert so gut, weil Bach eben auch im vermeintlich „wohltemperierten“ Stimmungsfeld gewisse Tonart-Spezifika vorschwebten. Zu diesem F-Dur passte dann das zart-munter genommene, springende Fugenthema, dem Schiff zuletzt noch einen Schuss Übermut, Keckheit gar beimengt. Auch das ist F-Dur.

Ein anderes Beispiel: Cis-Dur mit seinen sieben Kreuzen hat wohl auch in der Bach-Zeit noch deutlich schräg geklungen, und der Komponist trug dem Rechnung, indem er eben keine Akkorde liegen ließ, sondern auf hurtige Bewegung setzte. Aus diesem Präludium purzelt dann die Fuge hervor – da kam und kommt kein Hörer auf die Idee, über Feinstimmung nachzudenken.

Am Donnerstag (16.8.) war András Schiff also bei der zweiten Folge des „Wohltemperierten Klavier“ (BWV 870-993) angelangt. Ein Gradmesser für die Stimmigkeit seiner Interpretation: Im Großen Saal des Mozarteums, wo die Stühle ganz erbärmlich knarzen, wenn das Publikum ungeduldig zu werden beginnt, blieb es auch auf Langstrecke mucksmäuschenstill. Kein Husten, kein Räuspern. Da ließen sich achthundert Menschen liebend gerne hineinziehen in den Mikrokosmos der unterschiedlichsten formalen und nachgestalterischen Lösungen. Kein Präludium, keine Fuge nach „Schema F“, bei Bach nicht und auch nicht bei Schiff. So soll es sein.

Bild: Salzburger Festspiele / Marco Borrelli
Zur Besprechung des ersten Abends mit Schiff
und dem "Wohltemperierten Klavier"
Den Bach hinauf

 

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