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Der Tod eint alle(s)

FESTSPIELE / CHRISTINE KARG / QUATUOR MODIGLIANI

10/08/18 Liederabend oder Kammerkonzert, das war die Frage. Am Donnerstag (9.8.) im Großen Saal des Mozarteums musizierte zuerst die derzeitige Pamina Christine Karg mit dem französischen Modigliani Quartett, das nach der Pause dann allein agierte. Beide lebhaft akklamiert und bedankt.

Von Horst Reischenböck

War‘s wegen des Zeitgenossen Aribert Reimann, dass etliche Plätze leer blieben? Neugier hätte sich allemal gelohnt. Traunstein hatte übrigens die Nase vorn: Die Uraufführung von „Mignon“ fand dort bereits 1995 statt. Reimann bündelte dazu die unbekannteren Fassungen der Schubert- Vertonungen von Goethes Lyrik „Nur wer die Sehnsucht kennt“ D 310 und 481 mit „Heiß mich nicht reden“ D 726 und dem benachbart entstandenen „So laßt mich scheinen“ D 727, deren Begleitung er für Streichquartett arrangierte, zu einem Zyklus. Mit instrumentaler Einleitung und einem aus Fragmenten kompilierten Zwischenspiel, wobei er fast schon sich selbst verleugnend Schuberts eigenen Stil nicht aus den Augen verlor.

Christine Karg war mit ihrem kostbaren Sopran diesen Liedern subtile Sachwalterin und berührte durch fast schon introvertierte Gestaltung. Vor allem zum Schluss mit den Abschiedsworten „Ich eile von der schönen Erde hinab in jenes feste Haus.“ Auf ähnliche Weise führte Reimann mit dem Titel „… oder soll es Tod bedeuten?“ zwei Jahre später sechs Mendelssohn-Lieder nach Heinrich Heine plus ein Fragment zusammen. Dieser Zyklus ist jedoch abwechslungsreicher, die Lieder durch Intermezzi mit moderneren instrumentalen Spieltechniken verbunden. Hier ging Christine Karg gestalterisch und auch dynamisch mehr aus sich heraus: „Der Herbstwind rüttelt die Bäume“ oder „In dem Mondschein im Walde“ mit seinem im für Mendelssohn typischen Elfenspuk.

Wenn schon eine Vokalistin solcher Qualität zur Verfügung steht, wäre eigentlich Arnold Schönbergs Streichquartett Nr. 2 die logische Fortsetzung des Programms gewesen. Schönberg zog in dessen Finalsatz erstmals Gesang mit ein und lieferte damit auch nachweislich einen Anstoß für Aribert Reimann.

Stattdessen erinnerten Amaury Coeytaux und Loïc Rio, Violine, Bratscher Laurent Marfaing und Cellist François Kieffer an den 125. Todestag von Pjotr Iljitsch Tschaikowsky. Mit seinem groß dimensionierten 3. Quartett op. 30 in seiner für Streicher eigentlich eher ungewöhnlichen Tonart es-Moll. Wie die der Primgeige anvertraute ausdrucksvolle Kantilene in der Andante sostenuto-Einleitung belegt, ist das Werk dem Andenken an einen verstorbenen Musiker gewidmet. Nach dem aufgeheizt spannungsgeladenem Konflikt erstirbt der Kopfsatz damit wieder und zeitigte in dieser Interpretation spontanen Applaus.

Das im Anschluss daran virtuos ausgespielt kurze Scherzo samt seinen Assoziationen an das Vorbild Mendelssohn konnte nur Episode bleiben. Gelang doch dem Quatuor Modigliani mit der Gestaltung des schmerzlichen Andante funebre eine zutiefst emotionale Aussage, dass darauf nur mehr atemlose Stille folgen konnte. Da wurden Gedanken an den Tod offenbar, wie ihnen Tschaikowsky erst wieder in seiner „Pathetique“ nachsinnen wollte. Hier vertrieb er sie aber noch durch ein bewusst aufgeräumtes Finale.

Auf den jubelnden Beifall erinnerten die Gäste aus Paris im „Nachschlag“ noch an einen Österreicher: Das kurze Allegretto con moto-Intermezzo ist der zweite Satz aus dem nicht nur bei uns zu Unrecht vergessenen Es-Dur-Quartett Nr. 2 op. 26 von Erich Wolfgang Korngold.

Bild: Salzburger Festspiele / Marco Borrelli

 

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