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Dirigentenstechen

FESTSPIELE / YOUNG COUNDUCTORS AWARD 2018

06/08/18 Es sind junge Meister des Metiers mit Erfahrung an diversen Häusern, auf die der Sponsor Nestlé und die Jury des Salzburg Festival Young Conductors Award unter Vorsitz von Dennis Russell Davies aufmerksam machen und den Boden für künftige Größe bereiten. Die drei Finalisten präsentierten am Pult der Camerata Salzburg ihr eigenes Programm mit jeweils Stücken unterschiedlichen Charakters.

Von Erhard Petzel

Der Preisträger 2018 heißt Gábor Káli. Soviel sei vorweggenommen. Wie im Vorjahr schafften zwei Männer und eine Frau den Weg ins Finale. Der Ungar Gábor Káli entwickelte seine Karriere an Klavier und Violine bis zum Dirigier-Studium in Budapest. In Berlin, Aachen und Nürnberg komplettierte er seine Ausbildung, erwarb vielfältige Musikpraxis und gewann heuer den Ersten Internationalen Dirigierwettbewerb in Hongkong. Der Russe Sergey Akimov begann schon mit 13 zu dirigieren, studierte und praktizierte in Moskau und engagierte sich in Montpellier. Außergewöhnliche Programme mit seinem Kammerorchester Affrettando zeichnen ihn auch als Arrangeur aus. Erina Yashima begann als hochbegabte jugendliche Pianistin ihre Laufbahn in Hannover und studierte in Freiburg, Wien und Berlin. Kaiserslautern, Rostock, Rheinsberg, El Sistema, Ravenna, Lucerne, Siena, Sanremo, Lucca, Piacenza und Cluj säumen ihren Weg. Festspielerfahrung sammelte sie im Vorjahr in der Kinderopernproduktion von „Der Schauspieldirektor“. Der unmittelbare Vergleich macht diese Konzerte besonders spannend, wobei Musik im Vordergrund steht und nicht eine sportliche Casting-Show. Hohes Erwartungspotential steckt im Programm.

Káli tritt mit weltgewandter Charmeoffensive auf und sammelt Sympathie-Punkte. Als Dirigent bleibt er eher auf der sicheren Seite, vermeidet in der Arie „Vado, ma dove? oh Dei!“ das Rezitativ und kann sich mit Philip Glass‘ „Faҫades“ aus Glassworks vom Flow der Minimal-Strukturen tragen lassen. Bartóks Divertimento für Streichorchester leitet er stablos mit Konzentration auf exakte Bewegung, im Gemächlichen der Symphonie G-Dur Hob. I:88 ersteht das Image von Papa Haydn.

Akimov setzt gleich auf einen Orchesterknaller, wobei er für die Rossini-Walze der Barbier-Ouvertüre sein Pulver jugendlich früh abschießt. Das Rezitativ in „Bella mia fiamma, addio“ – „Resta, oh cara“ bewältigt er mit pulsierender Bewegung. Yuri Kasparovs „Hommage à Honegger“ für 9 Spieler will bei aller Anlehnung an Pacific 231 über 4/4tel hinaus durch Taktwechsel- und Klangorgien geführt sein (absolute Klaviergewalt durch Alexander Bauer). Den höchsten Lohn für Wagemut empfängt Akimov aber für Strauss‘ Metamorphosen. Wenn er im Glückstaumel allen 23 Solostreichern die Hand und der Konzertmeisterin die Blumen gibt, ist es mehr als nur Attitüde. Er hat sie für ein heikles Unterfangen motiviert, sie haben ihn durch einen leuchtenden Ozean getragen. Wunderbar.

Yashima besticht durch ihr direktes Zupacken im energisch-geschmeidigen Volleinsatz ihres zarten Körpers, wodurch sofort ein sehr enges Verhältnis zum Klangkörper aufgebaut ist. So führt sie durch die Klangpaletten des Siegfried-Idylls und die Bewegtheit von „Oh, temerario Arbace!“ – „Per quel paterno amplesso“. Intensiv an Einsätzen und anzuzeigender Agogik erweist sich Pendereckis Intermezzo für 24 Streicher. Der pralle Griff ins prächtige Orchesterfleisch gelingt mit den Ecksätzen der 2. Sinfonie Beethovens, deren erratisches Aufrauschen bis in parodistische Nuancen als sorgfältig erarbeitetes Feuerwerk abgeschossen wird.

Die drei Interpretinnen der Mozart-Arien zeigen das beglückende Niveau des von der Kühne-Stiftung unterstützten Young Singers Project. Olga Rudyk besticht durch das dunkle Timbre ihres kraftvollen Soprans, Alyona Rostovskaya perlt geschmeidig, Katie Coventry zieht den warmen Klang ihrer Stimme über die Koloraturen. Dass sie alle zu Kulturschmerzträgerinnen gebraucht werden, liegt vielleicht am Wesen von Mozarts Konzertarien ebenso wie am kanonisierten Reiz der Herzensqual.

Dennis Russell Davies erklärt im Namen der Jury Gábor Káli zum Sieger. Erläuterung gibt es nicht, gerade einen Dank ans Orchester. Die Kommunikation ließe sich durchaus ausbauen.

Bild: Salburger Festspiele / wildbild

 

 

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