Tiefste Geheimnisse im strahlenden Glanz
FESTSPIELE / FAUST / BEZUIDENHOUT / GOLTZ
21/07/18 Mit „Rosenkranzsonaten“ von Heinrich Ignaz Franz Biber eingebettet in Sonaten für Violine und Cembalo von Johann Sebastian Bach erschlossen die Geigerin Isabelle Faust, der Cembalist Kristian Bezuidenhout und die Cellistin Kristin von der Goltz zwei Geigen-Welten zu einem Kosmos – und erwiesen dem Salzburger Hofkapellmeister ab 1684 tiefste Referenz mit federleichter kundigster Virtuosität.
Von Heidemarie Klabacher
Mit technischer Brillanz, tiefstem Respekt vor jeder Phrase und jeder Linie und drei verschieden gestimmten Geigen näherte sich Isabelle Faust den „Rosenkranzsonaten“, mit denen Hofkapellmeister Biber die insgesamt 15 Geheimnisse des meditativen Rosekranzgebetes beschwört. Fünf davon, mit der Solopassacaglia g-Moll „Der Schutzengel“ als abschließendem Höhepunkt, erklangen beim Kammerkonzert am frühen Abend des Samstag (21.7.) im Großen Saal des Mozarteums.
Mit der Sonata VI für Violine und Basso continuo c-Moll „Christus am Ölberg“ schloss das Kammerkonzert schier direkt an die Mozart-Matinee des Vormittags an, bei der Beethovens Opern-Oratorium gleichen Namens erklungen war. Virtuoser Expressivität von Chor, Orchester und Solisten folgte virtuose Innerlichkeit dreier Kammermusiker und Alte Musik-Experten von Weltrang: Ein eleganter Bezug zum Thema der diesjährigen Ouverture spirituelle „Passion“ – genau wie die Sonata IX „Die Kreuztragung“.
Entstanden sind die „Rosenkranzsonaten“ zwischen 1674 und 1678 in Salzburg, ihre Besonderheit ist, dass in jedem Stück eine eigene Stimmung der Geige erforderlich ist (darum treten die Geiger meist mit zwei oder mehr Instrumenten auf). Das ergibt die erstaunlichsten Klangfarben und eröffnet den Virtuosen besondere technische Möglichkeiten, besonders im mehrstimmigen Spiel. So hatte man denn auch immer wieder das Gefühlt, nicht eine Geigerin, sondern mehrere Geiger zu hören, während die staunenswerte Klangfülle doch jeweils nur einer einzigen Geige entstammt
Die atemberaubende Leichtigkeit, mit der Isabelle Faust die stupenden technischen Anforderungen nicht als solche hörbar werden lässt, sondern in selbstverständliches, freiestes Fließen und Strömen transformiert, machte immer wieder Staunen. Ihre kongenialen Partner waren der Cembalist Kristian Bezuidenhout und die Cellistin Kristin von der Goltz. Die Klangfarben von Cembalo und Cello ließen ebenfalls immer wieder aufhorchen – etwa mit dem aufwühlenden Signal- oder Fanfarencharakter in der Sonata „Kreuztragung“ oder der triumphierenden Intrada in der Sonata „Himmelfahrt“. Es ist immer wieder faszinierend zu erleben, wie in der großen Schluss-Passacaglia „Sendung des Heiligen Geistes“ über dem schlichten – 65 Mal wiederkehrenden - absteigenden Vierton-Motiv sich Luft und Raum für immer virtuosere Figuren öffnen: In der Interpretation von Isabelle Faust kommen noch dazu: unzählige Facetten von goldenem Glanz.
Bilder: Felix Broede/Marco Borggreve (2)