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Leidenschaft, Leid und Ekstase

FESTSPIELE 2018 / OUVERTURE SPIRITUELLE / KONZERT

10/11/17 „Die Leidenschaft ist unwiderstehlich wie das Totenreich.“ Dieser Satz aus dem „Hohelied“ der Bibel umschreibt inhaltlich die Konzerte der Ouverture spirituelle. Unter dem Titel „Passion“ versammelt sind Werke, „die das leidenschaftlich Erduldete fühlbar machen“.

Von Heidemarie Klabacher

Eröffnet wird die Ouverture spirituelle mit der Lukaspassion von Krzysztof Penderecki. Unter der Leitung von Kent Nagano musizieren der Philharmonische Chor Krakau, der Warsaw Boys Choir und das Orchestre Symphonique de Montréal. Die Lukaspassion gilt als „Vermächtnis der geistlichen Musik im 20. Jahrhundert“. Penderecki, geboren 1933, „dachte darin die musikalischen Mittel radikal neu und suchte zugleich Verbindungen zur Tradition“.

Von hier aus werden „spirituelle Brücken geschlagen“ - in die Renaissance, zu den „Finstermetten“ der Karwoche; ins Barock, zu Biber und Bach; in die Klassik, zu Mozart und zu Beethoven; in die Romantik, zu Liszts Spätwerk; und ins 20. Jahrhundert, zu der russischen Komponistin Galina Ustwolskaja (1919–2006), „in deren Musik, Leiden und Leidenschaft exemplarisch zusammenfallen“.

Das Vokalensemble Orlando Consort untermalt in der Kollegienkirche den Stummfilm „La Passion de Jeanne d’Arc“ von Carl Theodor Dreyers aus 1928 live mit Vokalmusik des frühen 15. Jahrhunderts. Als weiterer Film steht „Il Vangelo secondo Matteo“ - Das Evangelium nach Matthäus - von Pier Paolo Pasolini aus 1964 auf dem Programm.

Jordi Savall bringt mit seinen Ensembles La Capella Reial de Catalunya und Hespèrion XXI das berühmteste, aber selten zu hörende Werk des spanischen Renaissancekomponisten Tomás Luis de Victoria zur Aufführung: das Officium Hebdomadae Sanctae – eine Sammlung von 37 geistlichen Gesängen für die Karwoche.

 Philippe Herreweghe interpretiert mit dem Collegium Vocale Gent die h-Moll Messe von Johann Sebastian Bach und die Musikalischen Exequien von Heinrich Schütz. Die sechste Rosenkranz-Sonate von Heinrich Ignaz Franz Biber und Beethovens einziges Oratorium „Christus am Ölberge“ schildern die Ereignisse im Garten Gethsemane. Sie erklingen in einem Kammerkonzert mit Isabelle Faust, Kristin von der Goltz und Kristian Bezuidenhout und in der ersten Mozart-Matinee unter Riccardo Minasi. In Liszts Spätwerk „Via crucis“, musiziert vom Chor des Bayerischen Rundfunks und Igor Levit, wird der Kreuzweg Jesu musikalisch interpretiert.

Der russischen Komponistin Galina Ustwolskaja ist im Rahmen der Ouverture spirituelle ein eigener Schwerpunkt gewidmet. „Ustwolskajas Symphonien beschreiben mit wenigen, oft disparat wirkenden Instrumenten in beeindruckender Knappheit die ganze Welt. Diese Welt liegt jedoch im Argen. Dennoch oder gerade deswegen tragen sie Titel wie ‚Jesus Messias, errette uns‘, ‚Gebet‘ oder ‚Amen‘.“ Das Herzstück ihres Werkes bilden die sechs Sonaten für Klavier. In der Reihe„Zeit mit Ustwolskaja“ spielen das Klangforum Wien, Patricia Kopatchinskaja und Markus Hinterhäuser.

Das Oratorium „San Giovanni Battista“ des Barockkomponisten Alessandro Stradella hat denselben Stoff wie Richard Strauss‘ „Salome“: Hier wird eine Verbindung zum Opernprogramm hergestellt. Das Trompetenkonzert von Bernd Alois Zimmermann „Nobody knows the trouble I see“ und Mahlers „Auferstehungssymphonie“ markieren das Ende der Ouverture spirituelle und den Beginn der Konzertreihe der Wiener Philharmoniker. Die weiteren Philharmoniker-Konzerte dirigieren Esa-Pekka Salonen, Riccardo Muti, Herbert Blomstedt und Franz Welser-Möst.

Leidenschaft und Ekstase prägen auch das weitere Konzertprogramm: „Le Poème de l’extase“ von Alexander Skrjabin etwa führt das West-Eastern Divan Orchestra unter Daniel Barenboim in der Reihe „Orchester zu Gast“ auf.Zwei Orchester kommen im Festspielsommer 2018 zum ersten Mal mit ihren neuen Chefdirigenten nach Salzburg: die Berliner Philharmoniker mit Kirill Petrenko und das London Symphony Orchestra mit Simon Rattle. Das London Symphony gedenkt mit der Aufführung von „The Age of Anxiety“ – mit Krystian Zimerman am Klavier – des 100. Geburtstages von Leonard Bernstein.

Das Gustav Mahler Jugendorchester gastiert diesmal mit Lorenzo Viotti, dem Preisträger des Nestlé and Salzburg Festival Young Conductors Award 2015. Das YCA-Preisträgerkonzert mit dem RSO Wien leitet der Award-Gewinner 2017, Kerem Hasan. In drei Konzerten mit der Camerata Salzburg wird der Preisträger 2018 ermittelt. Die Camerata Salzburg spielt darüber mit ihrem Ehrendirigenten Roger Norrington die traditionelle Aufführung der c-Moll-Messe in St. Peter sowie zwei Orchesterkonzerte.

Das Mozarteumorchester gestaltet wie immer die Mozart-Matineen. Teodor Currentzis kehrt nach seinem eindrucksvollen Festspieldebüt 2017 mit seinem Orchester und Chor musicAeterna nach Salzburg zurück – mit einem Zyklus aller neun Beethoven-Zyklus

In den Solistenkonzerten sind „die größten Pianistinnen und Pianisten unserer Zeit zu hören“: Khatia Buniatishvili, Igor Levit, Evgeny Kissin, Maurizio Pollini, András Schiff, Grigory Sokolov, Daniil Trifonov und Arcadi Volodos. Die Liederabende gestalten Florian Boesch, Matthias Goerne, Christiane Karg, Jonas Kaufmann sowie Rolando Villazón. Philippe Jaroussky und Emőke Baráth singen – begleitet vom Ensemble Artaserse – Arien und Duette aus Opern von Georg Friedrich Händel.

„Zeit mit“ wollen die Festspiele also mit Galina Ustwolskaja, aber auch mit dem österreichisch-schweizerischen Komponisten Beat Furrer verbringen. Das Klangforum Wien wird mit dem Vokalensemble Cantando Admont und unter der Leitung des Komponisten das Musiktheater „Begehren“ über den Orpheus-Mythos konzertant zur Aufführung bringen.

www.salzburgerfestspiele.at/konzert
Bilder: dpk-klaba
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