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Zwei müssen reichen für Penthesilea

SALZBURGER FESTSPIELE 2018 / SCHAUSPIEL

09/11/17 Nun ist also „Vertiefung“ angesagt bei jenem „Jedermann“, den Michael Stirminger im Vorjahr quasi rund um seinen Hauptdarsteller Tobias Moretti – odervielleicht korrekter: nach dessen Vorstellungen – in sehr kurzer Zeit realisiert hat.

Von Reinhard Kriechbaum

„Wir holen die Menschen in der Gegenwart ab und erfassen sie hoffentlich mit einer Geschichte, die zu jeder Zeit große Relevanz hat“, sagt Michael Sturminger. „Wir versuchen, der elementaren Komplexität und Größe des Themas gerecht zu werden, ohne in der Inszenierung auf historisierende Kostüme oder Requisiten zurückzugreifen, und die Erfahrung hat gezeigt, dass das auch ein neues Licht auf die Qualität des Textes wirft.“

Das Schauspielerteam entspricht der Premierenbesetzung vom Vorjahr, aber man hat einen neuen musikalischen Leiter und damit eine neue Bühnenmusik, von Wolfgang Mitterer.

In Kleists Trauerspiel „Penthesilea“ wird es deutlich ruhiger zugehen, als man es in diesem Stück erwartet. Regisseur Johan Simons hat nämlich vor, es auf zwei Personen zu reduzieren. Auf Penthesilea und Achilles, gespielt von Sandra Hüller, die zum ersten Mal bei den Salzburger Festspielen auftreten wird, und Jens Harzer, der hier schon in vielen Rollen zu sehen war. Das Stück wird in einer Textfassung von Vasco Boenisch im Landestheater zu sehen sein.

In seinem Roman „Hunger“ verarbeitet der norwegische Autor Knut Hamsun Erfahrungen, die er selbst als junger Auswanderer in Amerika gemacht hat. Sein Hauptakteur versucht sich mit dem Schreiben durchzuschlagen, scheitert aber spektakulär. Während er den Schein einer normalbürgerlichen Existenz zu wahren versucht, landet er auf der Straße und sein Verhalten driftet ab ins Wahnhafte und Unberechenbare. „Hunger“ gehört zu den bedeutendsten, radikalsten Texten der Moderne und machte Hamsun schlagartig weltberühmt. 1920 wurde ihm der Nobelpreis zugesprochen. Nicht unerwähnt darf freilich auch seine Kollaboration mit den Nationalsozialisten bleiben. In eigener Textfassung bringt Frank Castorf diesen Roman auf der Perner-Insel auf die Bühne. Es spielen unter anderem Marc Hosemann, Sophie Rois und Lars Rudolph.

David Grossman zählt zu den bedeutendsten zeitgenössischen Erzählern Israels. Sein Roman „Kommt ein Pferd in die Bar“ ist kürzlich mit dem Man Booker Prize ausgezeichnet worden. Die Hauptfigur Dov Grinstein, genannt Dovele, ist Stand-up-Comedian. Er kämpft bei diesem spezifischen Auftritt und unter den Augen von Zeugen aus seiner Kindheit nicht nur mit brachialem Humor um die Gunst der Zuhörer, sondern vollzieht dabei eine persönliche Abrechnung. In einer Textfassung von Regisseur Dušan David Pařízek, der auch das Bühnenbild gestaltet, wird der Roman im republic dramatisiert mit Samuel Finzi und Mavie Hörbiger.

Aischylos Tragödie Die Perser aus dem Jahr 472 v. Chr. gilt als das älteste erhaltene Drama der Welt. Der griechische Autor verarbeitet darin seine Erlebnisse im Krieg – die der Schlacht bei Salamis im Jahr 480 v. Chr. – nicht aber als Loblied auf sein Vaterland oder als Antikriegsstück im Namen der besiegten Perser. Vielmehr reflektiert er in seinem Drama die Stellung des Menschen in einer umfassenden Ordnung von Kultur und Natur. Der Regisseur und Bühnenbildner Ulrich Rasche inszeniert das Stück im Landestheater. Er hat sich vor allem durch beeindruckende Chorprojekte einen Namen gemacht. Es spielen: Valery Tscheplanowa, Patrycia Ziolkowska, Torsten Flassig, Toni Jessen, Samuel Simon, Andreas Vögler und andere.

Drei Lesungen gibt es im kommenden Festspielsommer. Peter Simonischek liest „Über das Marionettentheater“ und anderes von Kleist. Caroline Peters, Markus Scheumann, Martin Schwab, Oliver Stokowski und andere lesen Prosa von David Grossman. Edith Clever und Bruno Ganz lesen aus dem Briefwechsel von Ingeborg Bachmann und Hans Werner Henze.

Eine Reihe „Schauspiel-Recherchen“ gibt es auch wieder, da werden beispielsweise Cineasten bei einem Marathon Film-Tag „Hamsun on Screen“ im Filmkulturzentrum Das Kino angesprochen.

Am 24. August steht eine Hommage an Walter Kappacher zum 80. Geburtstag auf dem Spielplan. Er erhielt als einziger Salzburger den Georg-Büchner-Preis. Mit den Salzburger Festspielen verbinden ihn Auftragswerke zu Gustav Mahler und Georg Trakl sowie sein Roman „Der Fliegenpalast“ über die Gründerfigur Hugo von Hofmannsthal.

www.salzburgerfestspiele.at/schauspiel
Bilder: Salzburger Festspiele / Matthias Horn (1); Thomas Dashuber (1)
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