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Die ganz guten Plätze an der Startrampe

SOMMERAKADEMIE / PREISTRÄGERKONZERT

26/08/17 In einem Alter, da „normale“ Geigen-Eleven von der Dreiviertelgeige auf eine „echte“ umsteigen, hält sie schon ein barockes Meisterinstrument in Händen. Klingt entsprechend gut. Leia Zhu heißt die erst zehnjährige Chinesin aus Großbritannien. Sie hat einen der Kulturfonds-Preise bei der Sommerakademie bekommen.

Von Reinhard Kriechbaum

Eh ordentlich gespielt, die Schubert-Sonatine. Aber Auftrittsgehabe und niedergeschriebene Biographie dieses Kindes geben sehr zu denken. Man bringt ihr augenscheinlich auch bei, an welchen lyrischen Stellen sie die Augen schließen und wie sie sich hin und her wiegen soll. Und schon wird sie von Festival zu Festival herumgereicht. Der erbarmungslose Betrieb verlangt Frischfleisch, selbst solches, das noch dünn sehr zarte Knochen überzieht. Kinderarbeit in südamerikanischen Kohlebergwerken und asiatischen Textilfirmen ist rechtens verpönt. Aber Kultur ist ja was anderes...

Dies mit einem Preis zu unterstützen, ist grober Unfug, nichts als Effekthascherei. Glücklicherweise ist man sonst, was die Preisträger der Internationalen Sommerakademie der Universität Mozarteum anlangt, auf einem wirklich guten Weg. Es gelingt, herausragende Leistungen zu prämiieren und daneben aufstrebende Musiker zu fördern. Für den 19jährigen Organisten Stephan Pollhammer, der bisher vor allem in Obhut des Musikums Hallein stand, ist eine solche Auszeichnung sicherlich ein unschätzbarer Ansporn. Er spielte Bach. Auch noch so jung ist der italienische Pianist Francesco Granata. Die Paganini-Variationen von Brahms gestaltet dieser phänomenale Techniker im Einzelnen duftig und mit geradezu raffinierten Zwischentönen, dass man nur so staunt. Ein Marimba-Duo im Reigen der Sommerakademie-Preisträger? Auch das ist jetzt möglich. Nico Gerstmayer und Felix Lindner heißen die beiden Linzer Musikstudenten. Auch für sie gilt: ein verdienter Auszeichnungs-Input als Antrieb.

Für einen anderen Reifegrad steht die Französin Nadège Rochat. Den dritten Satz aus Kolàlys Sonate für Violoncello solo spielt sie nicht nur mit bewundernswert selbstverständlicher handwerklicher Meisterschaft. Diesem Ungetüm so Herr zu werden, dass echte Musik draus wird, erfordert viel Sinn für die Form und die innere Balance, ein bewusstes Gewichten und klangliches Ausmalen. Ihre Interpretation war ein Meisterstück. Das gilt nicht minder für den aus Hongkong stammenden Pianisten Chiyan Wong, der mit hoher Überzeugungskraft und ohne jede Eitelkeit Ferruccio Busonis nachtschattige Sonatina seconda so sachlich wie betörend aquarellierend vorstellte.

Musik neueren Datums nahm erfreulich hohen Stellenwert ein im Preisträgerkonzert am Freitag (24.8.) im Großen Saal des Mozarteums. Mit Jörg Widmanns Études für Violine solo hat die chinesischstämmige Amerikanerin Elly Suh Vorzeigestücke von enormem Anspruch und ansehnlichem Effektpotential im Repertoire. Ein mehr als verdienter Preis.

Bleibt die Mezzosopranistin Erica Back aus Finnland. Wagen wir eine Hypothese: Musiker und Musikerinnen von diesem Zuschnitt kommen nicht zur Sommerakademie, um noch gar viel dazu zu lernen, sondern um aufzufallen, um womöglich mit einem Preis (und damit verbundener Aufmerksamkeit von Agenten und Impresarii) den Marktwert zu erhöhen. Auch das ist legitim. Erica Back ist eine gestandene Opernsängerin, hat an finnischen und vorwiegend nordeuropäischen Opernhäusern von Dorabella bis zum Orlovsky wichtige Rollen übernommen. Ein Vollprofi, der man an dem Abend eine Arie aus Gounods „Faust“ genau so abgenommen hat wie eine aus dem „Barbier von Sevilla“. Ein anregender, vielgestaltiger Abend.

Bilder: Universität Mozarteum / Christian Schneider
Zur Hintergrundgeschichte Kleiner, um noch besser zu werden

 

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