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Akademie von den letzten Dingen

FESTSPIELE / KAMMERKONZERT / SCHOSTAKOWITSCH, MAHLER

21/08/17 Ein Kammerkonzert, ein Liederabend? Was da am Samstag (19.8.) abends im Haus für Mozart stattfand, in der Serie „Zeit mit Schostakowitsch“, sollte Schule machen. Früher nannte man solch dramaturgisch klug gestaltete, vielfältige Programme „Akademie“.

Von Gottfried Franz Kasparek

Apropos Dramaturgie: Die 15. Symphonie von Schostakowitsch ist am 28. August in der Originalversion mit den Berliner Philharmonikern unter Simon Rattle zu erleben. Im nur bedingt für Kammermusik geeigneten Haus für Mozart erklang die Version für Klaviertrio und Schlagzeug, welche der Pianist Victor Derevianko erstellt hat und die vom Komponisten autorisiert wurde. Zu Recht, denn die Aggressivität und bodenlose Trauer der letzten Symphonie des sowjetischen Meisters kommt darin glasklar und schneidend expressiv zur Geltung.

Die drei famosen Schlagzeuger – Leonhard Schmidinger, Martin Grubinger senior und junior – hatten freilich praktisch dieselben Noten zu spielen, die sie auch im Orchester spielen müssten. Auch die klagenden Soli der Violine – anrührend und geschmeidig: Vilde Frang – und des Cellos – mit zurückhaltender Expressivität: Nicolas Altstaedt – entsprechen der Originalpartitur. Den Rest erledigt das Klavier im Verein mit den Streichern. Am Flügel wirkte, als Einspringer für Alexander Lonquich, der aus seinen Salzburger Kinder- und Jugendtagen bekannte Dejan Lazić. Was er an Farben und rhythmischer Pointiertheit, tiefer Empfindung und prägnanter Ironie aus dem Steinway holte, war schlicht phänomenal. Ebenso, wie er das gesamte Ensemble formte. Dejan Lazić hat große internationale Karriere gemacht, als Pianist und Komponist, und es ist höchste Zeit, ihn des Öfteren wieder in seine einstige Zuflucht Salzburg zu holen.

Die Symphonie musste wegen einer gerissenen Geigensaite noch einmal begonnen werden, was das Ohr zusätzlich schärfte. Mit ihren Rossini- und vor allem den Wagner-Zitaten aus der Todesverkündigung in der „Walküre“, verknüpft mit slawischer Schwermut und kunstvoll-banaler Marschparodie, ist das singuläre Stück ein Abgesang und ein Werk des Abschieds von dieser harten Erde. Dazu passt als Ouvertüre das melancholische Notturno für Klaviertrio von Franz Schubert, auch wenn das ätherische Streicherspiel im zu großen Raum ein wenig verpuffte.

Mit Todesverkündigungen der sensibelsten Art ging es nach der Pause weiter. Da fand nämlich noch ein veritabler Liederabend statt. Gustav Mahler, der Tondichter zwischen Schubert und Schostakowitsch, hat im Rückert-Lied „Ich bin der Welt abhanden gekommen“ und im Finale des „Lieds von der Erde“ berührenden Ausdruck für den Abschied vom Leben gefunden. Und eine, wie es richtig im Programmheft heißt, „auskomponierte Zeitlosigkeit“ geschaffen, deren Einfluss auf die Avantgarde bedeutend war, die freilich schon Schubert im Notturno und im langsamen Satz des Streichquintetts begründet hatte.

Matthias Goerne ließ seinen mächtig gewordenen Bariton denn auch gleichsam schweben, mit atemberaubend schönen lyrischen und wenigen, desto effektvolleren dramatischen Passagen, in oft instrumentaler, nicht sehr wortdeutlicher Weise. Was nicht störte, denn Markus Hinterhäuser erzählte am Klavier eindringlich und unprätentiös, von innen leuchtend den Subtext, das „Sehnen über diese Welt hinaus“. Als wundersam passende Zugabe führte J. S. Bachs Version einer Opernarie von Gottfried Heinrich Stölzel, „Bist du bei mir“, in die Welt der reinen Liebe.

Hörfunkübertragung am September, 15.05 Uhr in Ö1
Bilder: www.dejanlazic.com / Susie Knoll (1); Salzburger Festspiele / Marco Borggreve (1); Marco Borrelli (1)

 

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