Gespielt und gekürt
FESTSPIELE / YOUNG CONDUCTORS AWARD
07/08/17 Höchst erfreulich war der rege Zuspruch zu den Konzerten der drei Finalisten des Young Conductors Award 2017, die sich am Wochenende am Pult der Camerata Salzburg dem Publikum und der Jury stellten. Festspiele und Nestlé beschleunigen Karrieren und vereinigen das Moment eventheischender Spannung mit solider Öffentlichkeitsarbeit und einer eigenwilligen Konzertschiene.
Von Erhard Petzel
Eigenwillig deswegen, weil die drei Finalisten unter Berücksichtigung bestimmter Kritierin ihr eigenes Programm zusammenstellen und mit der Camerata Salzburg umsetzen. Den Beginn markierte die gebürtige Pariserin Marie Jacquot. Mit akkurater Schlagtechnik führte sie durch Debussys „Prélude à l’après-midi d’un faune“ und legte die Basis zum rauschenden Applaus für Jamez McCorkle, dessen kräftiger und elegant sonorer Tenor in Mozarts Einlagearie „Per piatà, non ricercate“ glänzte. Sie hatte vielleicht einen kleinen Nachteil gegenüber ihren Kollegen, die zu ihren Mozart-Arien jeweils auch das Rezitativ anbieten konnten - jeweils gesungen von den Sopranen Anne-Fleur Werner und Carrie-Ann Williams. Sänger und Sängerinnen nehmen Teil am Young Singers Project.
Kerem Hasan und Nuno Coelho beweisen in ihrem Dirigat, dass das Auge mithört. Mit lebendiger Linker und tänzerischem Körperspiel werfen sie sich in die Schlacht um agogische Nuancen und fulminante Crescendi.
Der Brite Hasan gibt sich dabei extrovertierter als sein portugiesischer Konkurrent. Geschickt spielen sie ihre Qualitäten in ihren Programmen aus. Triumphiert Jacquot mit Mozarts „Jupiter-Sinfonie“, wirft sich Hasan mit Beethovens „Vierter“ in die finale Schlacht, während Coelho mit den verhalteneren Aufbrüchen von Schuberts „Fünfter“ Sein Programm beginnt. Er setzt seinen effektvollen Schlusspunkt mit „Kodálys Tänzen aus Galánta“.
Besondere Spannung verdienen die gewählten Beiträge zeitgenössischer Komponisten. Auch hier besticht Marie Jacquot mit Gérard Pessons „Rescousse (Marginalia) für Instrumetalensemble“ durch präzise Schlagtechnik. Eine solche wird Kerem Hasan in Andrew Normans „Try für Kammerorchester“ ebenso abverlangt, wenngleich er sich in der Schlussphase als Dirigent ganz herausnehmen und die Bläsersolisten ungestört ihre Bahnen ziehen lassen muss. Nuno Coelho setzt mit „Canto para Timor Leste für 14 Streicher“ von Luís Tinoco wieder einen agogisch romantischeren Akzent und bildet mit der dafür angebrachten Schlagweise einen Kontrast zu den beiden anderen.
Die Jury unter dem Vorsitz von Dennis Russel Davies entschied sich am Sonntag (6.8.) für den 25jährigen Kerem Hasan. Die Diskussion sei interessant gewesen, Hasan habe durch seine Persönlichkeit besonders überzeugt. Davies würdigte die Leistung der Ungekürten, denen er ebenfalls das Zeug zu einer großen Karriere zusprach, und bedankte sich bei der Camerata Salzburg für ihre Orchesterleistung. Da kann man sich ungeschaut anschließen und die Freude der jungen Künstler teilen.
Jedenfalls ist es sehr motivierend, das Wirken der künftigen Stars auf diese konzentrierte Weise mit zu verfolgen, an deren Spannung Anteil zu nehmen und das Ergebnis der Jury abzuwarten. Es gibt einen Gewinner, aber keine Verlierer. Dazu steht Musik als kultureller und sozialer Beweger zu sehr über der Kleinheit von Emotion, die vom menschlichen Ehrgeiz gefangen ist. Wer solche Programme umsetzt, ja wer sie auch nur konsumierend genießt, wird Teil der Macht, die das menschliche Universum mit Kraft erfüllt.
Die Karrieren der bisherigen Preisträger, Aziz Shokhakimov (2016), Lorenzo Viotti (2015), Maxime Pascal (2014), Ben Gernon (2013), Mirga Gražinytė-Tyla (2012), Ainārs Rubikis (2011) und David Afkham (2010) zeigen die internationale Relevanz dieser Auszeichnung.