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Wie Orpheus singen...

FESTSPIELE / MONTEVERDI ZYKLUS / GARDINER

27/07/17 Wenn der Fährmann zum Gesang des Orfeo seine verkrüppelte Hand sehnsüchtig den Saiten der Harfe nähert, will das Herz vor Mitleid bersten. Er selber darf kein Mitleid haben – „dieses Gefühl ist meiner Stärke nicht würdig“ - aber er darf einschlafen. Orfeo macht sich auf den Weg.

Von Heidemarie Klabacher

Vor 450 Jahren wurde Claudio Monteverdi geboren. Sir John Eliot Gardiner und die Salzburger Festspiele huldigen dem Mit-Begründer der Gattung Oper und präsentieren seine drei erhaltenen Opern Orfeo, Ulisse und Poppea in einem Zyklus halbszenischer Aufführungen in der Felsenreitschule. Zusammen mit dem Dirigenten schuf die französische Regisseurin Elsa Rooke lose „Spielszenen“, die sich unprätentiös und vollkommen organisch aus der Musik heraus entwickelten.

Selbstverständlich spielt die Felsenreitschule mit - Bläser, die aus den Arkaden ihre machtvollen Klänge ertönen lassen, verfehlen nie ihre Wirkung.

Bewegend ist der Kontrast zwischen dem heiteren Tanzen und Feiern der Hirten im ersten und der düsteren Erstarrung im zweiten Teil. Es reichen einige Lichteffekte, um diese Extreme darzustellen, anschaulich, wie ein barockes Gemälde.

John Eliot Gardiner hat mit seinen Ensembles, English Baroque Soloists und Monteverdi Choir, einmal mehr Maßstäbe gesetzt. Die überwältigende Wirkung seiner L'Orfeo-Interpretation ist ganz dem scheinbaren Verzicht auf alle Effekte zu danken: Weder rubato-bewegte Phrasierungskunst, noch Extreme in Dynamik und Agogik, sondern allein organisches Fließen, markierte diese Sternstunde.

Umso stärker war denn auch die Wirkung bewusst eingesetzter Instrumenten-Farben vom machtvollen Klang der Posaunen und Zinken bis hin zum gerade noch hörbaren - und doch den Saal erfüllenden – Pianissimo der Harfe.

Krystian Adam sang die Titelpartie darstellerisch quasi mit dem Gestus des selbstverliebten Heldentenors und sängerisch mit der geradlinigen Wendigkeit des Alte Musik-Experten: So vereinte dieser Orfeo erstaunlich viele Merkmale moderner, aus purer Selbstbezogenheit entstandener Zerrissenheit auf sich.

Hana Blažíková verzauberte Klarheit und Natürlichkeit als La Musica und als Euridice. Dass der Totengott seinerzeit auf Proserpina abgefahren ist und sie zu seiner Gemahlin gemacht hat, verwundert nicht, wenn sie ihn mit der Schlichtheit und Eindringlichkeit der Sopranistin Francesca Boncompagni betört hat.

Lucile Richardot als Messaggera, Gianluca Buratto als Charon und Plutone, aber auch Gareth Treseder, John Taylor Ward oder Michał Czerniawski als Hirten: Handverlesen und überragend in allen großen und kleineren Rollen war dieser Orfeo ein Sängerfestspiel vom Bewegendsten.

Il  ritorino d'Ulisse in Patria und L'incoronazione di Poppea folgen am Freitag (28.7.) und am Samstag (29.7.)
Bilder: Salzburger Festspiele/Silvia Lelli

 

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