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Gläubigkeit und Wehmut

FESTSPIELE / OUVERTURE SPIRITUELLE / CAMERATA

26/07/17 Es waren drei Konzerte in einem und doch spannte sich über drei Stunden hinweg ein klingender Bogen. Die Camerata Salzburg musizierte mit vielen Gästen im Rahmen der „Ouverture spirituelle“ am Dienstag (25.7.) ab 18 Uhr im Großen Saal des Mozarteums. Es war eine gute Idee, gleich zwei Pausen zu machen.

Von Gottfried Franz Kasparek

Der erste Teil dieses denkwürdigen Konzertabends stand ganz im Zeichen des Chors des Bayerischen Rundfunks. Franz Schuberts experimenteller „Gesang der Geister über den Wassern“ gab den „Chorherren“ Gelegenheit, ihre Fähigkeiten zu sorgfältiger, im hohem Maße wortdeutlicher Artikulation des Goethe-Textes, doch ebenso zu lyrischer Verinnerlichung und sonorer Stimmgewalt zu präsentieren. Howard Arman ist der in Salzburg als ehemaliger Bachchor-Leiter wohlbekannte, inspirierende Leiter des Chors, der auch das Camerata-Quintett in der ungewöhnlichen Besetzung mit zwei Bratschen, zwei Celli und Bass mit sicherem Gefühl in den dem Text dienenden Erzählton des Stücks einfügte.

Darauf folgte der Chor als Doppelchor a cappella, nun auch mit Damen. Frank Martin war Protestant. Seine Messe nach katholischem Ritus ist ein Solitär, ein wahres Wunderwerk aus alten und doch immer neu klingenden Formen, voll schlichter, berührender Gläubigkeit, wie ein Gespräch mit Gott. Wie schön, dass man daran teilnehmen kann. Martin hat das Werk schon 1922 „als Angelegenheit zwischen Gott und mir“ geschrieben und ließ sich erst 1962 zur Uraufführung überreden. Howard Arman zeichnete mit seinem in jedem Takt stilsicheren Chor die feinen klingenden Fresken Martins nach, ohne in bloße Detailmalerei zu verfallen. Ein bewegender Eindruck.

Nach der ersten Pause gab es Musik von Alfred Schnittke. Zunächst spielte Peter Peinstingl, der neue Stiftskapellmeister von St. Peter, zwei kleine Stücke für Orgel, inspiriert von der späten Taufe des Komponisten, geschehen 1981 in Wien. Musik, die sphärisch über den Zeiten schwebt, Dissonanzen nicht ausspart, aber immer direkt verständlich bleibt. Ähnliches lässt sich über den zwischen ruhevoller Meditation und scharf gezeichneter Expressivität pendelnden Monolog für Viola und Streicher sagen. Und immer schwebt bei Schnittke tiefe Trauer im Hintergrund. Seine berühmte Polystilistik ist ja mittlerweile Allgemeingut geworden, was bleibt, ist einfach große, erfühlte Musik. Der Solist Antoine Tamestit und die Camerata-Streicher spielten das mit souveräner Präzision, aber vor allem mit emotionaler Hingabe.

Wundersam dann nach der zweiten Pause, auf verdunkeltem Podium, der wahrhaft paradiesische und reine Streicherklang in Anton Bruckners Adagio aus seinem Streichquintett in chorischer Version. Von Lorenzo Viotti, der nun die Leitung übernahm, würde man gerne einmal eine Bruckner-Symphonie hören. Wieder im Licht erklang die Zweite Symphonie eines hierzulande viel zu selten gespielten Meisters der Moderne. Arthur Honegger passt halt nicht in die Schubladen der Avantgarde und süffige Spätromantik ist seine Musik auch nicht, aber dafür ist sie erfüllt von klassizistischer Meisterschaft und inniger Wehmut. Das Stück entstand im Schatten des Zweiten Weltkriegs. Nach zwei Sätzen der Klage folgt ein brillantes Finale, wie die Vision einer besseren, heiteren Welt – doch tanzend über Abgründe. Zu den Streichern kommt am Ende die tröstliche Choralmelodie einer Trompete, diesmal erklingend vom Rang und von suggestiver Wirkung. Lorenzo Viotti vermag diese Musik mit Leidenschaft zu gestalten, das Orchester vermag zu ergreifen und virtuos zu glänzen. Großer Jubel, obwohl die Reihen ein wenig gelichtet waren, denn etliche Leute mussten zum Konzert in der Kollegeinkirche um 21 Uhr.

Hörfunkübertragung am 8. August, 19.30 Uhr, Ö1
Bilder: Salzburger Festspiele / Silvia Lelli

 

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