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Ein Abglanz des ewigen Lichts

FESTSPIELE / OUVERTÜRE SPIRITUELLE

23/07/17 Mag sein, dass es dem „Jedermann“ in seiner aktuellen Erscheinungsform noch an Bekehrungskraft gebricht. Dem Auftakt zur Ouverture spirituelle, am Samstag (22.7.) in der Felsenreitschule, fehlte es nicht an missionarischer Kraft. Da gaben vermutlich auch die letzte Zweifler an Messiaens Monumental-Frömmelei klein bei.

Von Reinhard Kriechbaum

Aber zuerst György Ligeti, sein wundersames „Lux aeterna“. Dazu muss man niemanden erst überreden. Dieses akustische Sfumato hat seine missionarische Kraft quasi in sich. Die von Howard Arman wohl einstudierte Fünfzigschaft vom Chor des Bayerischen Rundfunks, und Kent Nagano, der mit extremer Ruhe durch die den Raum wie in einem Mikroprozess greifenden, wiewohl eigentlich ungreifbaren Harmonien führte: Mehr kann man sich eh nicht wünschen. „Lux aeterna“ aus den späten 1960er Jahren ist längst ein Klassiker, und er wirkt auch im Riesenraum der Felsenreitschule, auch wenn dort das Verklingen nicht wirklich funktioniert. Wenn's pianissimo wird, setzt sich ist das Rauschen der Klimaanlage durch.

Olivier Messiaen hat übrigens ziemlich genau in denselben Jahren nach dem spirituellen Licht gesucht – und es mit anderen Mitteln genau so gefunden wie sein ungarischer Komponistenkollege. La Transfiguration de Notre-Seigneur Jésus-Christ: Das ist in Messiaens selbst geschriebenem, ziemlich dicken Brevier wahrscheinlich der bekenntnishafteste Eintrag. Ausgehend von der schönen Szene im Matthäus-Evangelium, da Jesus vor den Augen der Jünger verwandelt wird und mit Moses und Elias ins Gespräch kommt, entwarf der Franzose vier Modelle der Verwandlung, der Lichtwerdung, in imposanten Chortableaus, mit der für seinen Kompositionsstil typischen momenthaften Kolorismus, mit dem Ineinander von exotischen Rhythmen und den naturhaften Skalen, die Messiaen der Vogelwelt und fremden Musikkulturen abgehört hat.

Das kann alles sehr pompös-oberflächlich, wenn man will: massentauglich daherkommen. Oder eben, wie beispielhaft an diesem Abend, von rechten Messiaen-Aposteln mit einer Überzeugungskraft vermittelt werden, dass man gar nicht anders kann als sich überzeugen, ja bekehren lassen. Wenn schon nicht direkt zu Gott, so zu Messiaen gewiss.

Kent Nagano war vielleicht für Messiaen der, um es biblisch zu sagen, Jünger, den er liebte. Und Nagano, der in Salzburg Messiaens „Saint Francois d'Assise“ aus der Taufe gehoben hat (im Vergleich zur „Transfiguration“ ein Werk eher posthumen Zuschnitts), gehört deshalb zu den authentischsten Sachwaltern. Der Kosmos aus divergierenden Elementen will nicht nur zusammengehalten, er will entfaltet sein. Die flächigen Chor-Betrachtungen wollen rückgebunden sein in die Orchestermasse, in die wieder die sieben Solisten (allen voran der zweite Messiaen-Apostel, der Pianist Laurent-Aimard) eingeknüpft werden müssen.

Chor und Orchester des Bayerischen Rundfunks waren da nicht weniger zu bewundern als die blasende und die Stabspiele bedienden Solistengruppe. Und ohne Aimards die Energie bündelnde (und dabei rhythmisch akkurate) pianistischen Explosionen wäre das sowieso nur eine halbe Sache.

Das also mündent in den monumental zerklüfteten Endlos-Choral „de la Lumière de Gloire“: Wenn Kent Nagano da durchsteuert, steht die Zeit wirklich still.

Die Konzerte der Ouverture spirituelle: www.salzburgerfestspiele.at
Bild: Salzburger Festspiele / Felix Broede

 

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