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Tagestouristen in Paris

FESTSPIELE / CONCERTGEBOUW ORKEST / DANIELE GATTI

31/08/16 Hat schon was, so ein russischer Jahrmarkt mit mehrheitlich niederländischen Besuchern und einem gut ortskudigen italienischen Guide. Ein bisserl sehr international? Das Konzert des Concertgebouw Orchesters unter Daniele Gatti am vorletzten Tag der Salzburger Festspiele (30.8.) klang überhaupt nach schrankenlosem und sogar erweiterten Schengen-Raum...

Von Reinhard Kriechbaum

Weil Strawinskys „Pertruschka“ ja in Frankreich entstanden ist, war das Französische das Bindeglied einer eher merkwürdigen Werkfolge. „Petruschka“ und das Cellokonzert von Saint-Saëns in einer Konzerthälfte! Da wirkte im Nachhinein der Beginn mit Debussys kleinem Tennisspieler-Ballett „Jeux“ und einer ansehnlichen Klangmalerei von Henri Dutilleux (Métaboles pour grand orchestre, 1964) schon beinah stringent. Das neuere Werk wäre tatsächlich ohne die von Debussy neu angerührten Klangfarben schwer denkbar.

„Jeux“ heißt im Untertitel „Poème dansé“. In der etwas spröden Farbgebung durch das Concertgebouw Orkest wollte man an Lyrik nicht recht glauben. Schon eher reizten Dutilleux' „Métaboles“. Das Wort heißt ganz prosaisch „Stoffwechsel“. Das eher üppige Stück lebt von der Finesse der Instrumentation. Man könnte es als ein etwas dicklich geratenes Concerto grosso beschreiben. Übermütig wird man bei einer solchen Werkfolge und einer - nennen wir es zurückhaltenden - Gestaltung nicht. So lauter sich Sol Gabetta schließlich auch für Saint-Saëns einsetzte, so stilsicher sie den Gefühlsüberschwang des Soloparts in ein anmutiges Piano verwandelte: An der eher nüchternen Orchesterbegleitung prallte das ab. Die Schweizerin am Soloinstrument, der Italiener am Pult und das niederländische Orchester – sie waren nur Tagestouristen in Paris.

Strawinskys Jahrmarktstreiben kam diesen Kurzzeit-Besuchern entgegen. In „Petruschka“ zeigte sich plötzlich deutlich mehr Gestaltungswille, spürbare Elegance in den Abmischungen vor allem der Holzbläser, insgesamt mehr Charme als Bizarrerie. Da bekam die Musik plötzlich, aber erst zu fortgeschrittener Stunde, ein „Gesicht“.

Bilder: Salzburger Festspiele / Marco Borrelli

 

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