Aus der Erde…
HINTERGRUND / KELTENMUSEUM
05/11/14 Der Halleiner Dürrnberg gilt im europäischen Vergleich als herausragender urgeschichtlicher Fundort. Mit der Eröffnung der Urgeschichteausstellung in Hallein ist das zentrale Projekt der 2012 beschlossenen Betriebsführungsvereinbarung zwischen Salzburg Museum und Keltenmuseum Hallein umgesetzt.
„Durch diese neue Ausstellung, die die urgeschichtlichen Schätze des Salzburg Museum in einem idealen Rahmen präsentiert, profitieren beide Partnermuseen“, freut sich der Direktor des Salzburg Museum, Martin Hochleitner. Denn endlich kann das Salzburg Museum nach der Übersiedlung in die Neue Residenz – mit der ja die Umsetzung eines völlig neuen Ausstellungskonzeptes einherging – wieder seine reiche urgeschichtliche Sammlung der Öffentlichkeit zugänglich machen. Und das Keltenmuseum Hallein bekommt neben seinen bisherigen Ausstellungsschwerpunkten, dem prähistorischen und dem historischen Salzbergbau am Dürrnberg und der besonderen Berücksichtigung der Stadtgeschichte Halleins, noch eine weitere absolute Attraktion dazu: „Dank der Urgeschichte-Ausstellung“, ist Florian Knopp, Leiter des Keltenmuseum Hallein, überzeugt, „wird das Profil des Keltenmuseum Hallein weiter als Archäologiemuseum des Landes Salzburg geschärft.“ 150.000 Euro hat man sich die Gestaltung der neuen Präsentation auf dreihundert Quadratmetern kosten lassen. Die Ausstellungsgestaltung des Linzer Designer Duos „MARCH GUT“ (Christoph March und Marek Gut) unbd sind für die optische Erscheinung der neuen Schau verantwortlich.
Zur Einführung werden „Raum & Zeit“ durch eine mit typischen Objekten bestückte Zeitspirale erschlossen: Vom neuzeitlichen Bierseidel führt der Weg vorbei an Mittelalter und Römerzeit zur Urgeschichte: Artefakte der Salzburger Eisen-, Bronze- und Steinzeit werden durch Querverweise mit weltgeschichtlichen Ereignissen verknüpft. Auf einem großen Touchscreen können sich die Besucher zudem interaktiv durch die Urgeschichte bewegen und bekommen auf diese Weise einen guten zeitlichen und örtlichen Überblick. Erstmals sind hier alle Fundorte im Land Salzburg bis Christi Geburt grafisch zusammengefasst und visuell ansprechend aufbereitet.
Vor allem im Ausstellungsraum „Mensch – Umwelt – Siedlung“ wird auch der aktuelle Bezug der Archäologie betont: So hat der Eingriff des Menschen in die Natur nicht erst heute weitreichende Konsequenzen. Bereits die ersten sesshaften Bauern der Jungsteinzeit spürten die Folgen von Rodungen und intensiver Landwirtschaft und sahen sich mit ausgelaugten Böden und lebensgefährlichen Muren konfrontiert. Holzeinschlag und Schwermetallanreicherungen vervielfachten die Umweltprobleme in den Kupferbergbaurevieren der Bronzezeit. Die Werkzeuge und Holzgeräte aus den über 3.000 Jahre alten Stollen des Mitterbergreviers sind einer der Höhepunkte der Ausstellung. Sie schaffen einen unmittelbaren Kontakt zum Leben der bronzezeitlichen Bergleute, die in harter Arbeit jenes Kupfererz abbauten, das den Rohstoff für die Himmelsscheibe von Nebra lieferte.
Den täglichen Mühen und Nöten versuchten die urgeschichtlichen Menschen mit Wünschen und Hoffen auf göttlichen Beistand beizukommen. In Zeitsprüngen werden die archäologischen Relikte religiöser Vorstellungen ganz verschiedener Epochen präsentiert. Barrenhorte der Bronzezeit und Bronzeschwerter aus Flüssen prägen das Thema „Glaube – Mythos – Opfer“. In die Mythologie der Eisenzeit entführt die keltische Kleinplastik von Hirsch und Eber, ein goldener Halsreif sowie reiche Waffenopfer.
Gleichzeitig beschleunigte der Reichtum die soziale Gliederung der urgeschichtlichen Gesellschaften. Der Gegensatz von Reich und Arm, von „Macht und Ohnmacht“ wird in Gräbern, Siedlungen und Horten deutlich. Hallstattzeitliche Prunkgräber beeindrucken durch die Vielfalt an Beigaben und repräsentieren die Spitze der eisenzeitlichen Gesellschaft. Goldarmreifen, importierte Bronzegefäße und Schmuckperlen aus Glas und Karneol steigerten das Prestige der Bewohner mächtiger Höhensiedlungen. Sie kontrollierten den Handel in einem der wichtigsten transalpinen Kommunikationsräume Europas, in dem friedliche Kontakte, aber auch Konflikte das Leben prägten. Eine eiserne Sklavenkette vom Pass des Großglockners gewährt einen Blick in jene ohnmächtigen Abgründe menschlicher Existenz und bildet einen drastischen Gegensatz zum prunkvollen Glanzstück und Titelmotiv der Ausstellung: Der weltberühmte Helm vom Pass Lueg verdeutlicht den Reichtum und die Macht bronzezeitlicher Kupferherren und verklärt als Zier einer „gallischen“ Zigarettenmarke bis heute das moderne Bild der Vergangenheit.
Den Schritt zwischen „Diesseits & Jenseits“ machen die Besucher, wenn sie die sogenannte „Black-Box“ betreten. Aus dem Dunkel der Kammer treten Objekte hervor, die den Menschen auf dem Weg in die Ewigkeit anvertraut wurden. Die Grabbeigaben geben auch hier Hinweise auf den Status der Bestatteten und die menschlichen Knochen ermöglichen uns Rückschlüsse auf die harten Lebensbedingungen. Die Besatttungsarten verweisen zudem auf den Zeitgeist der jeweiligen Epoche, wie beispielsweise die Urnenfelderzeit.
Salz und Kupfererz erzeugten einen immensen Reichtum, der in Austausch und Handel mit fernen Regionen investiert wurde. Fremde Menschen, Ideen und Impulse spiegeln sich in exotischen Objekten aus Bernstein, Koralle und Glas, die über Hochalpenpässe und Flusswege transportiert wurden – „Fremd(es) in Salzburg“ zeigt wie weitverzweigt Kontakte und Kommunikation damals reichten.
Empfinden wir Fremdes als Bereicherung? „Wir konfrontieren die Besucherinnen und Besucher mit Fragen, die topaktuelle Bezüge schaffen“, erläutert Holger Wendling, Leiter Archäologie und Dürrnbergforschung des Keltenmuseum Hallein. (Keltenmuseum)