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Aufenthaltsqualität, feministisch und queer

MUSEUM DER MODERNE / JAHRESPROGRAMM 2023

12/01/22 Weil die Kunst im 20. Jahrhundert generell den Anspruch erhob, gesellschaftlich relevant zu sein, beherbergt ein ihr gewidmetes Museum logischerweise „Zeitzeugnisse von Veränderungen“. So ein Ansatz von Harald Krejci, seit Jahresbeginn Direktor des Museums der Moderne Salzburg, zur Programmatik des Hauses.

Es gehe ihm darum, die kulturellen Leistungen der Vergangenheit mit „Ideen für eine zukünftige Gesellschaft“ zu konfrontieren und somit neu zu bewerten, erklärte Krejci heute Donnerstag (12.1.) bei der Präsentation des Jahresprogramms. Eine Einrichtung wie das Museum der Moderne müsse „die gesellschaftlichen Veränderungen ernst nehmen, die etwa durch Ereignisse wie Pandemie, Krieg in der Ukraine oder den Aufstand im Iran auch in unserem Alltag greifbar und spürbar sind. Aus all den Themen entwickelt das Museum seine Angebote und agiert damit gesellschaftlich relevant und bildend.“ Der neue Direktor spricht von einem „Museum mit Aufenthaltsqualität, an dem Kommunikationsangebote das Ausstellungsangebot erweitern, wo Menschen teilhaben können an der Kunst und an der Auseinandersetzung mit den relevanten Themen unserer Zeit.“

Dass es sich bei den zwölf geplanten Ausstellungen im Museum der Moderne Salzburg, das heuer übrigens sein Vierzig-Jahre-Jubiläum feiert, überwiegend um Ausstellungen mit Werken von Künstlerinnen handelt, sei kein Zufall: „Der künstlerischen Produktion von Frauen wird im Sinne der Gleichberechtigung wie auch der bewussten Sichtbarmachung von weiblichen und queeren Positionen und Themen ein hoher Stellenwert eingeräumt.“ Das diesjährige Programm trägt diesbezüglich noch die Handschrift des Vorgängers Thorsten Sadowsky.

Das neue Ausstellungsprogramm beginnt mit gleich drei Ausstellungen am Standort Altstadt (Rupertinum), die im Rahmen eines Open House am 25. Februar eröffnet werden. Da kommt die vorigjährige Preisträgerin des Großen Kunstpreises des Landes Salzburg Gunda Gruber zu Ehren, weiters gedenkt man des 100. Geburtstages der Fotografin Inge Morath, deren Arbeiten in Kontext mit Papiermasken aus dem Nachlass des New Yorker Karikaturisten Saul Steinberg gezeigt werden. Queer*fem*magaZINES ist eine Schau im Generali Foundation Studienzentrum, an der auch Studierende der Paris Lodron Universität mitarbeiten. Es geht also um queeres und feministisches Publizieren.

Im April folgt auf dem Mönchsberg die Schau Stepping Out! Female Identities in Chinese Contemporary Art und zeigt auf zwei Ebenen und etwa 1.500 Quadratmetern Werke von 26 chinesischen Künstlerinnen. Zeitgleich bespielt die Italienerin Marinella Senatore mit We Rise by Lifting Others das Mönchsberg-Museum, und das soll eine inklusive Angelegenheit werden, denn diese Künstlerin bezieht mit ihrer School of Narrative Dance die Stadtbevölkerung ein.

Im Sommer wird man der auch als Festspiel-Fotografin regelmäßig in Salzburg tätigen Ruth Walz unter dem Motto Vorhang auf eine Personale widmen, sinnvollerweise im Rupertinum, also unmittelbar im Festspielbezirk. Das Rupertinum als Stammhaus des Museums der Moderne beherbergt dann auch die Jubiläumsschau 40 Jahre – viele Stimmen. Da geht’s um die persönlichen Bezüge von Besuchern, Kunstschaffenden, Mitarbeitern zu dieser Institution.

Im Sommer erinnert man auf dem Mönchsberg an die Slowakin Maria Bartuszová, die zur Zeit des Eisernen Vorhangs in Košice sehr individuelle künstlerische Wege beschritt. Mit der großen thematischen Ausstellung Arch of Hysteria. Zwischen Wahnsinn und Ekstase wird das kulturhistorische Phänomen der (vermeintlich) wissenschaftlichen Entdeckung der Hysterie Ende des 19. Jahrhunderts, deren Dokumentation und der daraus resultierenden Pathologisierung des weiblichen Körpers und Verhaltens untersucht.

Mit einer Präsentation einer Auswahl wichtiger zeitbasierter Werke aus der Sammlung Generali Foundation wird das Herbstprogramm am Standort Mönchsberg eröffnet. Die Ausstellung Kunst in vier Dimensionen. Medienkunst neu betrachtet verweist auf den umfangreichen Bestand der
Sammlung iin diesem bereich seit den 1960er Jahren. Dazu wird man im Rupertinum unter dem Ausstellungstitel Mediathek+ die Video- und Filmsammlung der Generali Foundation präsentieren.

Den alle zwei Jahre verliehene Otto-Breicha-Preis für künstlerische Fotografie erhielt 2021 die 1970 im heutigen St. Petersburg geborene und in Wien lebende Konzeptkünstlerin Anna Jermolaewa. Ihr gilt im Herbst eine Personale., vorwiegend mit den Medien Fotografie und Video,

Im vergangenen Jahr hat man an den beiden Standorten Rupertinum und Mönchsberg 82.400 Gäste begrüßen können, über sechstausend Leute haben an den Kunstvermittlungsformaten vor Ort teilgenommen. Eine interessante Detailzahl: Die bestbesuchte Ausstellung im Vorjahr war jene mit Arbeiten von Richard Kriesche, mit doch ziemlich großem Abstand vor David Tudor (38.000) und Bill Viola (31.000). Trostreich, dass das Ausstellungspublikum trotz der verordneten Sicht auf die weite, auch außereuropäische Welt dann doch den verdienten österreichischen Avantgardisten Kriesche mehr zu würdigen wusste. (Museum der Moderne Salzburg/dpk-krie)

www.museumdermoderne.at
Bilder: Museum der Moderne Salzburg / Luo Yang (1); Inge Morath Estate (1); Baden-Baden Events GmbH, Foto: Valentin Behringer (1); Anna Jermolaewa, Bildrecht, Wien 2023

 

 

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