Eine Herzensangelegenheit
VOLKSKUNDEMUSEUM / HERZ ALLER LIEBST
29/04/21 Wenn die Liebe auch angeblich durch den Magen geht und mancher Tort einem schwer in diesem liegt – es ist doch eher das Herz ein Spiegel unserer Befindlichkeiten. Sogar die Seele hat man dort verortet, entsprechend unerschöpflich ist das Herz-Thema. Im Volkskundemuseum in Hellbrunn geht es ab 1. Mai herzblutig zu.
Von Reinhard Kriechbaum
So herzblutig blutig freilich nicht, wie es der „Herzfresser“ in steirischen Kindberg zwischen 1779 und 1786 gehalten hat. Das war eine Art Jack the ripper. De von ihm ermordeten Mädchen und Frauen hat er die Herzen rausgeschnitten und aufgegessen. Seine krude Erwartung: dies bringe ihm Glück im Spiel und mache ihn unsichtbar. Da verkrampft es einem das Herz, auch nach mehr als zweihundert Jahren.
Kosten wir lieber vom Gebildbrot in Herzform. Über den kulinarischen Wert von Hühnerherzen oder jenen von anderem Getier gehen die Meinungen auseinander. Auf bemalten Bauernmöbeln sind Herzen ein ebenso unverzichtbares Motiv wie auf Buttermodeln. Auch in die Tür vom Plumpsklo hat man gerne herzförmige Öffnungen eingeschnitten.
„In der bildenden Kunst gleichermaßen wie in der Volkskunst ist das Herz unverzichtbare Ausdrucksform für Intimes, seelisches Erleben, Glaube und Identität“, so Ernestine Hutter und Melanie Greußing.
Die beiden haben Herz aller liebst, die diesjährige Sommerschau im Monatsschlössl, kuratiert. „Ausgehend vom Herzen als Körperorgan widmen wir seiner symbolischen Bedeutung in den Bereichen Liebe, Gesundheit und Glaube sowie der Verwendung als vielfältig anwendbares Ornament besondere Aufmerksamkeit.“ Anhand musealer Objekte spannt sich der Bogen also von Amuletten, christlichen Schutz- und Heilmitteln und Votivgaben, die der Erhaltung der Gesundheit dienen, bis hin zu Liebesgaben aus dem Bereich der Volkskunst und Souvenirs verschiedenster Art.
Das Lebzeltherz darf nicht fehlen, wenn da auch Salzburg weit weniger ergiebig ist als Oberösterreich. Dort werden – mitten in der Fastenzeit wohlgemerkt – beim Liebstattsonntag in Gmunden Lebzeltherzen in fünfstelliger Menge gehandelt, keineswegs nur als Geschenke fürs G'spusi.
A propos Herz-Bub. Der hat es, im Gegensatz zur Pique Dame, zwar nicht bis zu einem Operntitel gebracht, aber das Herzeln ist ein sehr populäres Kartenspiel. Auch im Spiel kann das Herz aufgeregt pochen oder sich verkrampfen, überhaupt spiegelt dieses Körperorgan Befindlichkeiten so unmittelbar wie sonst nur der Magen. Das Herz auch der Klotür bestätigt die Seelenlage aufs Anschaulichste.
Die Kuratorinnen haben auch ein Herz für die Tracht: „Als Herzerlrüsche ziert es den Ausschnitt Salzburger Frauentrachten, als Muster ist es allgegenwärtig auf Stoffen für Dirndlkleider, wie sie etwa von der Designerin Charlotte Strohschneider über Jahrzehnte für die Firma Lanz Trachten entworfen wurden.“
Deren Arbeiten als Designerin und Werbegrafikerin ist eine kleine Sonderschau innerhalb der Herz-Ausstellung gewidmet.
Zeitgenössische Kunst gibt es auch, von der Raum-Installation bis zum Foto. Herz aller liebst von Ulrike Asamer ist ein pointillistisches Konstrukt aus medizinischen Kanülen. Karin Mack hinterfragt Sinnlichkeit wie Herzlichkeit und deren Zuschreibung zum weiblichen Geschlecht.