Erbe sind auch die Bilder, die wir im Kopf haben
THORAK…??? / MUSEUMSPAVILLON / GWIGGNER
22/10/10 Der „Propagandaminister“. Eine Kreuzung auf der „Reichsautobahn“. Ein Entwurf zum „Denkmal der Arbeit“ für den Walserberg. Das ist zum Glück - wegen Marmor-Mangels - nie realisiert worden, aber der Sockel steht noch, unterhalb des Parkplatzes an der Autobahnraststätte. Den „Kopernikus“ kennen wir recht gut, obwohl er auf der Zeichnung weniger martialisch wirkt als in Marmor. - Durch das „Vogelhaus“, den Museumspavillon im Mirabellgarten, zieht sich ein Bilderband: Bernhard Gwiggner nimmt Josef Thorak ins Visier.
Von Heidemarie Klabacher
"Im Salzburger Kurgarten stehen unkommentiert zwei Skulpturen des Salzburger Bildhauers Josef Thorak aus der Nazizeit. Dieser war neben Arno Breker der wichtigste Bildhauer des Nationalsozialismus und Lieblingskünstler Hitlers. Neben dem Ehrengrab im Friedhof von St. Peter ist auch noch eine Straße nach ihm benannt."
Diese „seltsamen Tatsachen“ haben Bernhard Gwiggner immer wieder in Aufruhr versetzt. Jetzt reagiert er mit einer Ausstellung im Museumspavillon, quasi unter den Augen von „Paracelsus“ und „Kopernikus“.
Für kleine Kinder muss es tatsächlich ein seltsames Gefühl sein, unter der dräuenden Figur des Kopernikus auf dem „Zauberflöten Spielplatz“ auf den Klangsteinen zu hüpfen. Was die Eltern wohl antworten, wenn ihre Kleinen fragen, wer das denn sei… Kopernikus selber ist ja unverdächtig. Aber wer hat die Figur gemacht?
Die Fakten sollten sich herumgesprochen haben. Auch wenn noch immer nicht das kleinste Täfelchen auf den Nazi-Hintergrund verweist. Aber das könnte sich in wenigen Jahren bereits ändern: Sogar das offizielle Salzburg beginnt nun, auf die Relikte von Nazikunst im öffentlichen Raum zu reagieren. In einer auf drei Jahre angelegten Projektreihe im Haus für Stadtgeschichte werde das Thema sukzessive abgearbeitet, sagte Ingrid Tröger-Gordon am Donnerstag (22.10.) bei der Vernissage im Museumspavillon.
Was hat Bernhard Gwiggner nun gemacht? Drei Arbeiten im Museumspavillon befassen sich mit Thoraks „seltsamer Präsenz“ in Salzburg: Die Styropor-Skulptur „WoThora“ persifliert quasi die Paracelsus-Statue Thoraks mit den Stilmitteln der Moderne. Auf der Vorderseite schaut das braun angemalte Werk aus, wie ein stilisierter Paracelsus à la Wotruba. Auf der Hinterseite zeigen sich billiges rosa Styropor und dünnes Gestänge.
Die Großformatzeichnung „… mal der Arbeit“ nimmt eine ganze Wand ein. Sie rekonstruiert das von Thorak für die Reichsautorbahn am Walserberg geplante Riesendenkmal (für das es zum Glück nicht genug Marmor gab). Und die zentralen „Thorak-Rollen“, die sich die Wände entlang ziehen, erzählen in stichwortartigen Sätzen, illustriert von Zeichnungen Gwiggners, die Biographie von Josef Thorak.
Gwinnger hat dazu Sätze aus einer Diplomarbeit (Gunhilde Reingruber 1997/1998) über Josef Thorak genommen und quasi zu einer Kurzbiographie Thoraks zusammengestellt. Einzelne Begriffe (sie sind rot geschrieben) habe er dann in die Google-Bildersuchmaschine eingegeben und die jeweils obersten zur Illustration genommen. Die URL der Bilder ist angegeben, auch das Datum. "Am nächsten Tag könnte ja schon wieder ein ganz anderes Bild an oberster Stelle stehen", sagt Gwiggner. Entstanden ist ein einzigartiges Fries aus Biographie, zeitgeschichtlichem und aktuellem sozial-politischem Kommentar.