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Feentempel auf Salzburgs grünen Hügeln

HINTERGRUND / FESTSPIELHAUSPLÄNE / KUNSTPROJEKTE

03/03/20 Es war wahrscheinlich eine ungewohnte Erfahrung für die siegesgewissen und allüberall gefragten Theaterarchitekten Helmer&Fellner: Aus ihrem Entwurf (1890) für ein Festspielhaus auf dem Salzburger Mönchsberg wurde nichts. Eine planerische Sache für den Papierkorb, heuer aber Anlass für eines von mehreren Kunstprojekten.

Von Reinhard Kriechbaum

Ein Trostpflaster für Helmer&Fellner damals: Zwei Jahre später durften sie immerhin ein kleineres Brötchen backen an der Salzach und das Landestheater entwerfen. Aber ein Musentempel auf dem Mönchsberg, das wäre schon ein Prestigeprojekt für die beiden gewesen. Allein: Es sollte noch dreißig Jahre dauern, bis die Festspiel-Sache nicht nur spruch-, sondern tatreif war.

Das Jubiläum 100 Jahre Salzburger Festspiele ist auch Anlass für vier Projekte mit Kunst im öffentlichen Raum, und zwar genau an jenen vier repräsentativen Orten, die in einer Zeitspanne von sechzig Jahren für Festspielhaus-Bauten in Betracht gezogen worden wären. Für alle gilt: Heutzutage wären all diese Planungen aus Naturschutz- und Städteplanungsgründen völlig undenkbar. Die Vorstellung von Bayreuths Grünem Hügel geisterte auch in Salzburg lange herum. Und so hätten Helmer&Fellner 1890 den Mönchsberg auserkoren, Hans Poelzig 1922 den Schlosspark Hellbrunn, der Nazi-Architekt Otto Reitter 1942/43 den Kapuzinerberg, schließlich Clemens Holzmeister 1950/51 den Rosenhügel im Kurgarten. Damals hätte Holzmeister sich kaum träumen lassen, dass er ein Jahrzehn später einen Musentempel im ehemaligen Pferdestall der Fürsterzbischöfe – dem heutigen Großen Festspielhaus – werde einschreiben dürfen.

All diese Festspielhaus-Träume blieben Luftschlösser. Heuer wird man von Mai bis Oktober an den jeweiligen Orten zeitgenössischen Kunstprojekten begegnen. Es sind die Ergebnisse eines vom Salzburger Festspielfonds ausgelobten, geladenen Wettbewerbs. Alle Einreichungen dazu sind in den nächsten Tagen (bis 6. März) im Architekturhaus Salzburg zu sehen. Vor zehn Jahren hatte der Architekturhistoriker Norbert Mayr im Monatsschlößl eine Ausstellung zum Festspielhaus-Projekt von dem Berliner Architekten Hans Poelzig gestaltet. Aus dieser Schau heraus entstand die jetzt zu realisierende Kunstprojekt-Idee.

Bleiben wir auf dem Mönchsberg. Mit einiger Ironie hat sich die Wienerin Esther Stocker eine Knitterskulptur ausgedacht (und damit die Jury überzeugt). Drei überdimensionale Papierknäuel, die ausschauen wie Blätter, die Helmer&Fellner zerknüllt und weggeworfen haben. In Wirklichkeit taten sie das gewiss nicht, denn die beiden waren ja Meister im Ressourcen schonenden Selbst-Recycling. Was irgendwo nicht durchging, haben sie anderen Theater-Bauwilligen oft mit Erfolg unterjubelt. Auf Esther Stockers Knitterskulpturen wird man Texte zur schon 1890 herumgeisternden Festspielhaus-Ideen lesen können. Es wird anschaulich, wie große Ideen entstehen – und auch wieder versanden.

Über die Dimensionen eines Festspielhauses wird man dort staunen können, wo Touristen mit Vorliebe ihre Fotoapparate und Handys zücken und über den Mirabellgarten gen Festung fotografieren. Das Gestänge von Isa Rosenbergers Portalrahmen für den Mirabellgarten wird zeigen, was für Dimensionen die Front des Holzmeister-Entwurfs gehabt hätte. Der Rosenhügel wäre ziemlich futsch gewesen, die Kubatur hätte das Schloss Mirabell weit in den Schatten gestellt. Holzmeister, damals für Kemal Atatürk in Ankara tätig, hatte keinen Sinn für Kleinstadt-Verhältnisse. Ein Festspielhaus an dem exponierten Platz hätte bis an die Auersbergstraße heran gereicht. Hallenbad gäb's heute keines, wäre der Holzmeister-Plan umgesetzt worden.

Mit Dimensionen spielen auch die anderen preisgekrönten Projekte: Maria Flöckner & Hermann Schnöll sowie Norbert Mayr (Salzburg) werden im Schlosspark Hellbrunn abstecken, welche Grundfläche das pyramidenförmige, von Arkaden geplante Festspielhausbau von Hans Poelzig eingenommen hätte. Eine Art Turm von Babel wäre es geworden. Nach der Grundsteinlegung war Sense, zur Sprachenverwirrung kam es nicht.

Genau den konträren Weg beschreitet Werner Feiersinger auf dem Kapuzinerberg. Nach Hitlers Vorstellungen wäre dort ja eine Gauburg (an Stelle des Kapuzinerklosters) entstanden und daneben auch ein Festspielhaus. Dessen Dimension wird der Wiener Künstler aber ins Groteske verkehren, indem er bloß ein kleines Modell auf einem eher großen Blech-Tisch in den Wald stellt.

Der Traum von einem Feentempel - Vernissage heute Dienstag (3.2.) um 18.30 Uhr im Architekturhaus Salzburg, Sinnhubstraße 3. Die Wettbewerbsentwürfe sind bis Freitag (6.3.) zu sehen  jeweils von 12-17 Uhr – www.initiativearchitektur.at; www.salzburgerfestspiele.at
Bilder: Initiative Architektur / Salzburger Festspiele

 

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