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Digitaler Raum als neuer Spielort

ARGEkultur / JAHRESPROGRAMM (2)

14/01/21 Zwei Generationen von Menschen – Millenials und Digital Natives – sind bereits aufgewachsen „ohne die Sozialisierung mit dem Live-Erlebnis, wie wir es kennen“. Ans Eingemachte geht es, wenn Sebastian Linz und Theresa Seraphin von der ARGE die Live-Veranstaltung „an sich“ zur Diskussion stellen.

Von Heidemarie Klabacher

„Das fehlende Live-Erlebnis wird allenthalben beklagt. Aber Liveness, die man dem Theater ja immer nachsagt als das entscheidende Element, ist nur ein Element unter vielen, das die Räume zu dem macht was sie sind: Zu Orten, an denen gesellschaftliche Verhandlung stattfindet.“

Den Begriff „Liveness“ jedenfalls, entstanden in den 1950er-Jahren in Zusammenhang mit amerikanischen Sitcoms, halte er für „grundlegend falsch“, sagt Sebastian Linz. Die Fernseh-Übertragung eines Fußballspiels sei genauso „live“, wie eine Zoom-Konferenz. „Liveness gibt es analog und digital. Was tatsächlich gemeint ist, ist die physische Co-Präsenz von KünstlerInnen und Publikum in einem Raum.“ Diese Liveness sei „gerade suspendiert“, sei „in der Krise“, sagt Sebastian Linz, nur um zu betonen: „Aber es gibt Versammlungsmöglichkeiten im digitalen Raum. Die sind da. Und die sollte man nutzen.“

Jede Perspektive, „die dem Live-Erlebnis nachweint“ sei legitim, aber nicht die seine, so Linz, um von der „fast schamanischen Beschwörung des Live-Charakters der Aura“ zu sprechen. „Dabei gibt es mit den Millenials und den Digital Natives bereits zwei Generationen von Menschen, die sind aufgewachsen ohne die Sozialisierung mit dem Live-Erlebnis, wie wir sie kennen.“ Diese „jungen“ Leute „treffen sich ganz normal live im Netz – als einem Ort“, sagt Sebastian Linz. „Ich glaube, die muss man genauso berücksichtigen.“

Ein zweiter Gedanke, ebenso, vielleicht fast noch eine Spur radikaler, für Konzert-Gänger und Theater-Besucherinnen: „Buch-, Zeitungs- und Musikbranche hätten in den letzten zwanzig Jahren enorme Digitalisierung durchgemacht, seien „alle durch dieses Purgatorium, diese Krise der Digitalisierung“ gegangen, erinnert Linz, nur um zu fragen: „Warum sollte das vor der Veranstaltungsbranche Halt machen?“ Der Rückzug auf die Position des Live-Erlebnisses sei nicht produktiv. All das „löst Schmerzen aus“, bestätigt Linz, „doch bei allen Krisensymptomen muss es darum uns Veranstaltern vor allem darum gehen, was trotzdem möglich ist“.

Und dass auch online vieles möglich ist, von der abgefilmten Premiere, die immerhin einen Eindruck des Gewollten vermittelt, bis zur eigens für das Medium Internet produzierten Oper – das haben wir inzwischen (es wird bald ein Jahr) gelernt.

Die erste Theaterpremiere in der ARGEkultur etwa steigt bereits am Freitag (15.1.) im Internet: Die Produktion austropopo. Weil's (ned) wurscht is von kollektiv Kollinsky in Kooperation mit FS1 wurde dieser Tage aufgezeichnet. Online-Karten um vier Euro können bis direkt vor Streaming-Beginn um 19.30 gekauft werden. Nach der online-Premiere hofft man auf analoge Aufführungen im Juli.

Die „Adaption des Konzepts 'Autowaschstraße' für die Bühne“ steht hinter der geplanten Produktion Starwash. Wir pflegen zu glänzen von Carmen Schwarz und Yvonne Schäfer. Sie ist aber erst kommenden Dezember vorgesehen, da kann noch viel Wasser und Pflegeschaum aus den Düsen sprühen. Im Rahmen des Themenschwerpunkts Fight the Right soll es um Antifaschismus und Aktivismus im zeitgenössischen Theater gehen. Zwei Gastspiele bereits im März sind geplant, das Jugendtheater-Projekt Deep Inside des Cobratheater und die Performance Die Berufung des legendär-radikalen Duos Markus&Markus, das mit der Produktion Ibsen:Gespenster beim Open Mind Festivals 2019 in Erinnerung geblieben ist.

Das Open Mind Festival soll von 11. bis 20. November unter dem Titel Macht euch verwandt! stattfinden. Wieder soll es ein „hybrides“ Festival mit online- und live-Produktionen werden. Liebkind der ARGE-Leute ist der argeBOT, „unser langfristig angelegtes digitales Projekt“: Der Roboter „brabbelt immer noch wild herum“ und werde intern „der besoffene Bruder von Siri“ genannt.

BOT kommt zum vierzigsten Geburtstag der ARGEkultur groß heraus. (Der 15. Geburtstag des Gebäudes in der Ulrike Gschwandtner-Straße ist ja 2020 der Pandemie zum Opfer gefallen. Nun werde man eben „logischerweise“, so Sebastian Linz, den nächsten Geburtstag feiern, den Vierziger der ARGE und ihrer Vorgänger-Institutionen seit der Arge Rainberg.) Der Haus-Roboter nimmt sich dazu „die Texte aus der Gründungszeit aus dem Archiv der ARGE vor. Was er damit tut? „Der argeBOT ist ein subjekthaftes Wesen. Er kommuniziert schriftlich mit allen, die das Gespräch mit ihm suchen. Er eignet sich für einen kleinen Chat ebenso wie für ein langes und tiefgründiges Gespräch über gesellschaftspolitisch relevante Themen.“ Was wäre ein geeigneteres Thema zum Chatten, als Geschichte, Gegenwart und Zukunft der ARGEkultur.

www.argekultur.at
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