Wer kommt um 17 Uhr ins Kabarett?
ARGEkultur / KABARETT / MOTZART
13/01/20 Was mit dem Kabarettfestival MotzArt passiert, wolle man sich bis zur letzten Sekunde offenlassen, ließ Sebastian Linz beim Pressegespräch zum Jahresprogramm der ARGEkultur durchklingen. MotzArt soll ja am 30. Jänner beginnen – viel Zeit bleibt also nicht mehr.
Das Motto Facts, Fake, Fun passte ja gut in die Zeit. Aber jetzt bald? Eine Verschiebung wäre eben so in Betracht zu ziehen wie MotzArt als „Pop-up-Festival“ mit Veranstaltungen über das Jahr verstreut, so der ARGEkultur-Leiter Sebastian Linz. Ein längerer Lockdown dräut. „Die Wahrscheinlichkeit ist realtiv groß, da brauchen wir uns nichts vormachen“, so Linz. Mit einer Ausgangssperre sei Ende Jänner noch zu rechnen, sprich: Veranstaltungen, so sie denn möglich sein werden, müssten auf 17 Uhr vorgezogen werden. „Kommt da überhaupt jemand? Das fragen wir in einer kleinen Onlineumfrage bei unseren Besuchern gerade ab.“ Die Platzreduzierung auf die Hälfte sei gar nicht der Hauptpunkt.
Was auf jeden Fall – und auf jedem Fall online – stattfinden wird, sind zwei Termine aus dem MotzArt Salon: Da wird Hosea Ratschiller ein Gespräch von Fritz Jergitsch und Rubina Möhring moderieren. Der Kabarettist Fritz Jergitsch ist via „Tagespresse“ so etwas wie ein Experte für Fake News, Rubina Möhring ist als Präsidentin von „Reporter ohne Grenzen“ fürs Gegenteil, für die Wahrheit zuständig. Dazu kommt noch der Verschwörungstheorie-Experte Michael Butter. Da wird’s also weniger zum Lachen geben, als bei bei der Installation PYTHIA – einem interaktiven Orakel von Matthew Mosher. Analog stünde da ein Telefon im Foyer, auf dass man sich die Zukunft lesen lasse. In Zeiten des Fakten-Wirrwarrs ein Mittel, der Wahrheit näher zu kommen? Jedenfalls funktioniert dieser Zukunftsblick auch digital.
Mit dem MotzArt-Motto Facts, Fake, Fun steht das postfaktische Zeitalter auf der Zielscheibe der Kabarettisten, die – so wann auch immer sie nun wirklich auftreten werden – Verstärkung bekommen durch Menschen, die berufsmäßig Fakten von Fake News unterscheiden müssen: Florian Scheuba soll gemeinsam mit Falter-Chefredakteur Florian Klenk auf der Bühne stehen, Klaus Oppitz mit Michael Nikbakhsh vom Profil.
Sebastian Linz hat bei der Programmierung auf Gender-Gerechtigkeit geachtet: sechzehn Eingeladene, genau zur Hälfte Männer und Frauen, auch mit migrantischem oder queeren Hintergund. Sebastian Linz: „Das ist schon steil, weil das Kabarett noch immer sehr stark weiß männlich mittelalt bis alt ist.“ MotzArt wird, wie und wann genau auch immer, dagegen halten. Ghettolektuell gibt sich beispielsweise Idil Baydar, Einbildungsfreiheit beansprucht Christine Eixenberger, Serben sterben langsam glaubt Malarina zu wissen.
Zum ersten Mal ist heuer übrigen ein MotzArt-Festivalpass aufgelegt worden. „Ein Drittel der potentiellen Besucher hat auch unter den gegenwärtigen Umständen Abos gekauft“, freut sich Sebastian Linz. (dpk-klaba/krie)
Bilder: ARGEkultur / Cengiz Karahan (1); Matthias Robl (1)
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